Die französische Mittelmeerpolitik

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Als halbgeschlossenes Meer, das drei Kontinente miteinander verbindet, ist das Mittelmeer durch menschliche, wirtschaftliche, politische und historische Bande geprägt. Nicht nur handelt es sich beim Mittelmeerraum um ein dicht bevölkertes Gebiet (500 Millionen Einwohner), die größte Tourismusregion der Welt (300 Millionen Touristen pro Jahr), eine Region, die bei einem Anteil von 0,8 Prozent der weltweiten Seefläche 30 Prozent des weltweiten Seehandels konzentriert, einen Biodiversitäts-Hotspot und gleichzeitig einen Raum, der stärker als der Rest der Welt von der globalen Erwärmung bedroht ist, sondern auch um eine strategische Region. Sie ist Gegenstand einer positiven und inklusiven Politik Frankreichs, die darauf abzielt, die Verbindungen zwischen den 23 Staaten des Mittelmeerraums zu stärken und die multilaterale Zusammenarbeit zu fördern.

Die französische Mittelmeerpolitik ist Teil der euro-mediterranen Partnerschaft, dem sogenannten „Barcelona-Prozess“, der 1995 von den damals 15 Mitgliedstaaten der Europäischen Union und zwölf Drittstaaten des Mittelmeerraums ins Leben gerufen wurde. Diese Partnerschaft wurde durch die Unterzeichnung der Erklärung von Barcelona (27. und 28. November 1995) formalisiert, in der sich die Staaten dazu verpflichten, den Mittelmeerraum zu einem Gebiet des Dialogs, des Austauschs und der Zusammenarbeit zu machen, in dem Frieden, Stabilität und Wohlstand gewährleistet sind. Die euro-mediterrane Partnerschaft umfasste damals drei Hauptbereiche: Politik und Sicherheit, Wirtschaft und Finanzen sowie Soziales, Kultur und menschliche Angelegenheiten.

2008, zu einer Zeit, in der der euro-mediterrane Dialog abflaute, wurde auf französische Initiative hin die Union für den Mittelmeerraum (UfM) gegründet, um dem Barcelona-Prozess eine neue Dynamik zu verleihen. Es handelt sich dabei um die einzige multilaterale Dialogs- und Kooperationsinstitution, die sämtliche Länder des Mittelmeerraums und die 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union zusammenbringt.

Heute ruht die französische Mittelmeerpolitik auf drei Säulen:

  • der Stärkung multilateraler Kooperationsforen, und insbesondere der UfM;
  • der Förderung einer Politik, die die Zivilgesellschaft und die Jugend in den Mittelpunkt stellt;
  • dem Bekenntnis zu ehrgeizigen europäischen Zielen im Hinblick auf die südlichen Nachbarländer.

Sie äußert sich in einer konkreten Agenda gemeinsamer Themen:

  • Umwelt, Biodiversität und Klima,
  • Innovation, Digitalisierung und Unternehmertum,
  • Beschäftigung, Ausbildung und Mobilität,
  • Kultur und kulturelles Erbe,
  • Inklusion.
(Interministerielle Delegation für den Mittelmeerraum (DiMed)

Die durch das Dekret Nr. 2013-13 vom 7. Januar 2013 über den interministeriellen Beauftragten für den Mittelmeerraum eingerichtete und dem Ministerium für Europa und auswärtige Angelegenheiten angehörige interministerielle Delegation für den Mittelmeerraum (DiMed) unterhält und koordiniert die im Rahmen der von Frankreich in Richtung des südlichen Mittelmeerufers ausgerichteten politischen Maßnahmen, sowohl innerhalb der staatlichen Stellen sowie zwischen diesen Stellen und anderen privaten oder öffentlichen Personen, unter anderem in den Bereichen Umwelt, Wirtschaft, Ausbildung, Inklusion und Kultur. Die DiMed beteiligt sich an der Umsetzung der positiven Agenda für den Mittelmeerraum und ihrer Projekte für die Zivilgesellschaften und die Jugend.

Die Delegation wird seit dem 29. Juli 2020 vom Botschafter und interministeriellen Beauftragten für den Mittelmeerraum, Karim Amellal, geleitet.

Stärkung der regionalen Zusammenarbeit

Frankreich wirbt im Rahmen verschiedener multilateraler Foren für den Dialog zwischen den Ländern des Mittelmeerraums.

Informelle Treffen in kleiner Runde im Rahmen des 5+5 Dialogs

Der offiziell 1990 in Rom ins Leben gerufenen 5+5‑Dialog ist der am längsten bestehende Rahmen für Treffen zwischen Ländern des sogenannten „westlichen“ Mittelmeerraums. Das informelle subregionale Forum vereint auf Ministerebene Vertreter von zehn Ländern: Frankreich, Italien, Malta, Portugal und Spanien vom nördlichen Ufer sowie Algerien, Libyen, Marokko, Mauretanien und Tunesien vom südlichen.

Die Treffen des 5+5-Dialogs, bei denen es ursprünglich um auswärtige Angelegenheiten ging, haben sich schrittweise auf weitere Themenbereiche ausgeweitet: Wirtschaft, Verkehr, Verteidigung, Landwirtschaft, Hochschulbildung, Kultur usw.

Die Union für den Mittelmeerraum: ein auf die Initiative Frankreichs hin geschaffener, einzigartiger Ort des Austauschs

Die Union für den Mittelmeerraum (UfM) wurde 2008 im Rahmen der französischen Präsidentschaft im Rat der Europäischen Union und auf Initiative des französischen Staatspräsidenten hin ins Leben gerufen, um die euro-mediterrane Partnerschaft (auch „Barcelona-Prozess“) neu zu beleben.

Diese zwischenstaatliche Organisation vereint 43 Mitglieder, darunter die 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union und 16 Anrainerstaaten des Mittelmeerraums (Ägypten, Albanien, Algerien, Bosnien und Herzegowina, Israel, Jordanien, Libanon, Marokko, Mauretanien Monaco, Montenegro, Nordmazedonien, Palästina, Tunesien, Türkei und Syrien, dessen Mitgliedschaft seit 2011 ausgesetzt ist).

Bei seinen sektorspezifischen Treffen geht es darum, den Start großer Projekte im Mittelmeerraum in Themenbereichen wie die sozioökonomische Inklusion von Frauen, der Ausbau von Unternehmen, Hochschulbildung und Forschung, Wasser und Umwelt, Verkehr und Stadtentwicklung, erneuerbare Energien und Klimawandel anzustoßen.

Die UfM verfügt über einen gemeinsamen Nord-Süd-Vorsitz, den aktuell die Europäische Kommission und Jordanien innehaben. Seit 2010 hat sie ein Generalsekretariat in Barcelona mit 65 Mitarbeitern, das von dem Ägypter Nasser Kamel geleitet wird.

Die Anna Lindh Stiftung

Die 2004 ins Leben gerufene Anna Lindh Stiftung (FAL – benannt nach der 2003 ermordeten schwedischen Außenministerin) ist eine Institution, die gemeinsam von der Europäischen Union (EU) und ihren Partnern im Mittelmeerraum gegründet wurde, mit den Ziel, die Zivilgesellschaften der Mittelmeeranrainerstaaten durch Kultur, Bildung, Ausbildung und Medien einander anzunähern.

Die FAL bringt 42 nationale Netzwerke zusammen, die in verschiedenen Bereichen wie interkulturelle Beziehungen, Kunst und Kulturerbe, Forschung, Menschenrechte, Demokratie, Bildung und Jugend, Gender, Umwelt und nachhaltige Entwicklung sowie Medien tätig sind. Diese nationalen Netzwerke umfassen heute über 4 000 zivilgesellschaftliche Organisationen der 42 Mitgliedstaaten.

Der Sitz der FAL ist in Alexandria in Ägypten. Sie wird seit September 2021 von der jordanischen Prinzessin Rym Lai präsidiert und von dem Spanier Josep Ferré geleitet.

Förderung einer Politik, die die Zivilgesellschaft und die Jugend in den Mittelpunkt stellt

Frankreich unterhält bilaterale Beziehungen mit jedem der an der Süd- bzw. Ostküste des Mittelmeers angesiedelten Staaten. Seit mehr als zehn Jahren sind auch Organisationen der Zivilgesellschaft für Frankreich zu unumgänglichen Gesprächspartnern geworden.

Der Mittelmeerraum zeichnet sich aus durch die Dynamik der von den unterschiedlichsten Akteuren mitgetragenen Initiativen, seien dies Vereine, Gebietskörperschaften, Hochschulen, Forschungszentren, Unternehmen, Stiftungen usw.

Im Mittelmeerraum hat sich ein reger Dialog mit diesen nicht staatlichen Akteuren etabliert, zeugen diese doch, insbesondere seit dem „arabischen Frühling“, von vitalem bürgerschaftlichem Leben.

Der Gipfel der zwei Ufer

Der Gipfel der zwei Ufer, der auf eine Initiative des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron zurückgeht, fand am 23. und 24. Juni 2019 in Marseille statt. Sein Ziel war es, die Dynamik der Zusammenarbeit im westlichen Mittelmeerraum durch eine neuartige Konsultation der Zivilgesellschaften des Mittelmeerraums wieder in Gang zu bringen.

Allgemeine Vorstellung des Gipfels der zwei Ufer (PDF - 19.1 Mo)

Rund 100 Persönlichkeiten aus der Zivilgesellschaft des Mittelmeerraums trafen sich im Rahmen von fünf thematischen Vorbereitungsforen zu den Themen Energie; Jugend, Bildung, Mobilität; Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit; Kultur, Medien, Tourismus sowie Umwelt und nachhaltige Entwicklung, um innovative Projekte vorzuschlagen. Diese Arbeit, die anschließend durch verschiedene Treffen von zivilgesellschaftlichen Akteuren des Nord- und Südufers im Rahmen des „Dialogs der beiden Ufer“ fortgesetzt wurde, hat zu konkreten Ergebnissen geführt, darunter:

Bei dieser Gelegenheit und im Rahmen der Erklärung „Verpflichtungen zu neuen, ehrgeizigen Zielen im Mittelmeerraum“ (Engagements pour une nouvelle ambition en Méditerranée) haben die Außenminister der zehn Staaten des 5+5-Dialogs gemeinsam mit den Leitern regionaler und internationaler Organisationen und Entwicklungsbanken einen neuartigen Prozess der Konsultation und Einbeziehung der Zivilgesellschaft in die Formulierung von Vorschlägen für Frieden und Entwicklung im Mittelmeerraum eingeleitet.

„Verpflichtungen zu neuen, ehrgeizigen Zielen im Mittelmeerraum“

Weiterführende Informationen: Gipfeltreffen der zwei Ufer, Mittelmeerforum (23.-24. Juni 2019)

Das Forum für den mediterranen Raum

Das Forum für den mediterranen Raum (Forum des Mondes Méditerranéens, FMM), das am 7. und 8. Februar 2022 auf Initiative des französischen Staatspräsidenten in Marseille veranstaltet wurde, bot den Akteuren der Zivilgesellschaft einen Raum für Austausch und Vorschläge und knüpfte damit an den drei Jahre zuvor abgehaltenen Gipfel der zwei Ufer an.

Das zweitägige Forum konzentrierte sich auf sechs vorrangige und verbindende Themenbereiche:

  • Umwelt, Biodiversität und nachhaltige Entwicklung;
  • Bildung, Ausbildung, Mobilität;
  • Inklusion und Solidarität;
  • Beschäftigung, Unternehmertum und Digitales;
  • Kultur und kulturelles Erbe;
  • lokale Maßnahmen und nachhaltige Entwicklung.

Parallel dazu stützte sich das Forum auf eine Konsultation der Jugend im Mittelmeerraum (mehr als 200 junge Menschen aus allen Mittelmeeranrainerstaaten), die mit der Annahme des „Plädoyers für den Mittelmeerraum 2030“ endete, in dem 30 konkrete Maßnahmen als Antwort auf die Herausforderungen der Region aufgelistet wurden.

Zu den verschiedenen Initiativen, die im Rahmen des Forums ins Leben gerufen wurden, gehören unter anderem:

Weiterführende Informationen: Gipfeltreffen der zwei Ufer, Mittelmeerforum (23.-24. Juni 2019)

Website des FFM: https://www.mondesmediterraneens.org

Hohe Ziele für Europa im Hinblick auf die südlichen Nachbarländer

Dank dieser erneuerten südlichen Nachbarschaftspolitik kann Frankreich auch auf europäischer Ebene diesen partnerschaftlichen und positiven Ansatz fördern.

Dabei folgt es den Vorgaben der von der Europäischen Kommission und vom Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik am 9. Februar 2021 gemeinsam verabschiedeten Mitteilung.

Dieses ehrgeizige Programm konzentriert sich auf 5 Politikbereiche:

  1. menschliche Entwicklung, gute Regierungsführung und Rechtsstaatlichkeit
  2. Resilienz, Wohlstand und digitaler Wandel
  3. Frieden und Sicherheit
  4. Migration und Mobilität
  5. ökologischer Wandel: Klimaresistenz, Energie und Umwelt

Die „südliche Nachbarschaft“ der EU umfasst die folgenden zehn Länder: Ägypten, Algerien, Israel, Jordanien, Libanon, Libyen, Marokko, Palästina, Syrien (ausgesetzt) und Tunesien.

Stand: Juni 2024