Frankreich-Deutschland: eine innovative grenzüberschreitende Zusammenarbeit

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Die Freizügigkeit ist eines der Gründungsprinzipien der Europäischen Union (EU). Jeden Tag überqueren fast 2 Millionen Grenzgänger (darunter 400 000 aus Frankreich) die Binnengrenzen der EU. Die bestehenden länderübergreifenden Ballungsräume entwickeln sich zu neuartigen Lebensräumen und Räumen der sozioökonomischen Entwicklung. Diese Situationen müssen berücksichtigt werden, indem den Grenzgebieten angemessene Mittel für den Umgang mit ihren wirtschaftlichen, kulturellen oder auch strukturellen Besonderheiten in die Hand gegeben werden.

Seit 2019 haben Frankreich und Deutschland im Rahmen des Vertrags von Aachen über die deutsch-französische Zusammenarbeit und Integration gemeinsam konkrete Maßnahmen erarbeitet, die auf die Belange der Grenzregionen zugeschnitten sind.

Eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen benachbarten Regionen

Der im traité d’Aix-la-Chapelle vorgesehene Ausschuss für grenzüberschreitende Zusammenarbeit wurde im Januar 2020 von der Staatssekretärin für europäische Angelegenheiten Amélie de Montchalin und ihrem deutschen Amtskollegen Michael Roth im Beisein von Jacques Champagne de Labriolle, Botschafter für zwischenstaatliche Kommissionen, Zusammenarbeit und Grenzfragen, eingerichtet. Bei seiner ersten Sitzung verabschiedete der Ausschuss seine Geschäftsordnung, die die Einrichtung eines Sekretariats in Kehl und regelmäßige Treffen in verschiedenen Städten der deutsch-französischen Grenzregion vorsieht.

Dieses neue politische Gremium wurde geschaffen, um die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von vor Ort aus zu steuern. Dafür bringt es lokale Vertreterinnen und Vertreter der Region Grand Est, des Elsass, des Departements Moselle sowie der Bundesländer Saarland, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz an einen Tisch. Der Ausschuss geht so auf die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger ein und berücksichtigt die besonderen Gegebenheiten der Gebiete. Dadurch ist er in der Lage, Folgeabschätzungen neuer Gesetzte durchzuführen. Seine Aufgabe besteht darin, prioritäre Vorhaben für die Entwicklung der Grenzgebiete festzulegen, eventuell bestehende Schwierigkeiten zu verfolgen und Vorschläge zu unterbreiten.

Der Ausschuss hat 2024 beispielsweise folgende Grenzthemen ermittelt und sich mit ihnen beschäftigt:

  • Entsendung von Arbeitnehmern
  • Doppelbesteuerung von Einkommensersatzleistungen
  • grenzüberschreitende Berufsausbildung
  • Verbesserung der grenzüberschreitenden Bahnverbindungen
  • Pass Jeune Grenzenlos (grenzüberschreitendes Jugendticket für unter 28-Jährige mit Wohnsitz in der Region Grand Est und in den drei angrenzenden Bundesländern)

    Mehr dazu auf der Website des Ausschusses für grenzüberschreitende Zusammenarbeit

Die Zukunft der grenzüberschreitenden Gebiete vorbereiten

Die „Collectivité européenne d’Alsace“

Seit dem 1. Januar 2021 sind die Departments Haut-Rhin und Bas-Rhin in der „Collectivité européenne d’Alsace“ (dt.: europäische Gebietskörperschaft Elsass) zusammengefasst. Unter Beachtung der Zuständigkeiten des Regionalrats Grand Est und der Eurometropole Straßburg ist es die Aufgabe dieser Gebietskörperschaft, ein elsässisches Modell für grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu erarbeiten.

Diese neue Einheit übernimmt die Zuständigkeiten der zwei elsässischen Departements und ist für einen Teil der Organisation des Tourismus auf seinem Gebiet verantwortlich. Außerdem ist es ihr Ziel, für Zweisprachigkeit innerhalb des Bildungssystems zu werben (Deutsch und elsässische Dialekte).

Ein Projekt für das Gebiet um Fessenheim

Der Vertrag von Aachen sieht ebenfalls ein gemeinsames Projekt zur Nachnutzung des Gebiets rund um das AKW Fessenheim vor. Bei dem Vorhaben geht es um die Schaffung eines deutsch-französischen Wirtschafts- und Innovationsparks und Projekte in den Bereichen grenzüberschreitende Mobilität, Energiewende sowie Innovation.

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit: eine europäische Priorität

Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist eine wichtige Voraussetzung für die Fortsetzung der europäischen Integration und gilt damit als eine europäische Priorität. Die INTERREG-Projekte zielen seit 2007 auf die Förderung von Austausch und die Ermittlung des in den Grenzregionen noch ungenutzten Potenzials für Wirtschaftswachstum ab.

Darüber hinaus wurde in der vom Wissenschaftlichen Dienst des Europäischen Parlaments 2023 durchgeführte Studie zum „Mechanismus zur Überwindung rechtlicher und administrativer Hindernisse in einem grenzübergreifenden Kontext – Bewertung des europäischen Mehrwerts“ geschlussfolgert, dass die Verabschiedung eines neuen legislativen EU-Instruments auf europäischer Ebene wirtschaftliche Vorteile in Höhe von 123 Milliarden Euro pro Jahr mit sich bringen würde und eine positive soziale Auswirkung auf die Grenzregionen hätte.