Internationaler Strafgerichtshof
Internationaler Strafgerichtshof (IStGH)
Als einziger ständiger internationaler Strafgerichtshof ist der IStGH eine tragende Säule des weltweiten Strafjustizwesens. Seine Aufgabe ist, die Verantwortlichen besonders schwerer internationaler Verbrechen zu verurteilen und den Opfern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Er dient auch zur Abschreckung von solchen Taten. Frankreich unterstützt den Strafgerichtshof in vollem Umfang, in dem es zu seinem Haushalt beiträgt, seine universelle Geltung fördert und seinen Ersuchen um justizielle Zusammenarbeit nachkommt.
Was ist der Internationale Strafgerichtshof und wie funktioniert er?
Der IStGH basiert auf dem Römischen Statut, einer Vereinbarung zwischen 123 Ländern, darunter Frankreich, das das Dokument am 18. Juli 1998 unterzeichnete und am 9. Juni 2000 ratifizierte. Das Statut trat am 1. Juli 2002 nach der Ratifizierung durch sechzig Vertragsstaaten in Kraft.
Die Gerichtsbarkeit ist auf die „schwersten Verbrechen beschränkt, welche die internationale Gemeinschaft als Ganzes berühren“ und welche nach dem Inkrafttreten des Römischen Statuts begangen wurden, und zwar:
• Völkermord
• Verbrechen gegen die Menschlichkeit
• Kriegsverbrechen
• das Verbrechen der Aggression, hinzugefügt im Anschluss an die erste Überprüfungskonferenz des Römischen Statuts im Juni 2010.
Der Internationale Strafgerichtshof besitzt keine universelle Zuständigkeit.
Voraussetzung für die Ausübung der Gerichtsbarkeit des IStGH ist, dass entweder der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der mutmaßliche Täter besitzt oder in dessen Hoheitsgebiet sich das Verbrechen ereignet hat, Vertragsstaat des Römischen Statuts ist oder die Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs anerkannt hat. Der IStGH kann seine Gerichtsbarkeit auch auf Verbrechen ausdehnen, die durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen an ihn verwiesen wurden, im Einklang mit einer Resolution, die aufgrund von Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen verabschiedet wurde.
Die Gerichtsbarkeit des Strafgerichtshofs unterliegt dem Grundsatz der Komplementarität.
Sie entbindet die Staaten nicht ihrer primären Verantwortung und wird nur dann wirksam, wenn Staaten nicht in der Lage oder nicht willens sind, eine in ihren Zuständigkeitsbereich fallende, schwere Straftat ernsthaft zu verfolgen.
Der IStGH ist kein Organ der Vereinten Nationen. Allerdings ist er Teil des internationalen Systems zur Bekämpfung der Straflosigkeit, zur Krisenprävention und zum Krisenmanagement.
Bis 26. September 2022 wurde der IStGH mit 31 Fällen in 17 Situationen befasst, die Gegenstand von Ermittlungen sind (Demokratische Republik Kongo, Zentralafrikanische Republik (I und II), Uganda, Kenia, Sudan, Libyen, Côte d’Ivoire, Mali, Georgien, Burundi, Bangladesch/Burma, Afghanistan, Palästinensischer Staat, Philippinen, Venezuela (I), Ukraine).
Das Büro des IStGH-Anklägers eröffnete Vorprüfungen zu mutmaßlichen Verbrechen, die in Nigeria, Guinea, Venezuela (II) und Bolivien begangen wurden.
Wie arbeitet der IStGH?
Das Römische Statut bildet die vertragliche Grundlage für drei Organe:
• den Internationalen Strafgerichtshof
• die Versammlung der Vertragsstaaten
• den Treuhandfonds zugunsten der Opfer
Die Versammlung der Vertragsstaaten besteht aus Vertretern der Vertragsparteien. Sie legt die allgemeinen Leitlinien unter Achtung der Unabhängigkeit des Gerichtshofs fest und trifft Entscheidungen hinsichtlich seiner Funktionsweise (allen voran die Wahl der Richter und des Anklägers und den Beschluss des Haushalts des IStGH).
Der Treuhandfonds zugunsten der Opfer wurde von der Versammlung der Vertragsstaaten eingerichtet, um individuellen Wiedergutmachungsansprüchen der Opfer nachzukommen, wobei Einziehungsentscheide des Gerichtshofs zur Vollstreckung gelangen. Er trägt aber auch zu ihrer Rehabilitierung bei, indem er ihre psychologische und physische Genesung materiell unterstützt. So finanzierte der Fonds insbesondere Projekte in Uganda, in der Zentralafrikanischen Republik und in der Demokratischen Republik Kongo.
Der Internationale Strafgerichtshof selbst setzt sich aus vier Organen zusammen:
• Das Präsidium (bestehend aus 3 Richtern) ist mit den Außenbeziehungen zu den Staaten betraut, organisiert die richterliche Arbeit der Abteilungen und überwacht die administrative Arbeit der Kanzlei;
• die richterlichen Abteilungen – die Vorverfahrensabteilung, die Hauptverfahrensabteilung und die Berufungsabteilung – führen die Strafverfahren;
• die Anklagebehörde nimmt die Vorprüfungen, die Ermittlungen und die Strafverfolgung vor;
• die Kanzlei ist für die nicht mit der Rechtsprechung zusammenhängenden Aspekte zuständig, insbesondere die Sicherheit, die Verdolmetschung, die Information und Sensibilisierung sowie die Unterstützung des Rechtsbeistands der Verteidigung und der Opfer.
Einstellungsprozess der Richter am IStGH
Alle drei Jahre nimmt die Versammlung der Vertragsstaaten die Wahl von sechs neuen Richtern vor, also einem Drittel der 18 Richter des IStGH; die Mandatsdauer beträgt neun Jahre. Zuletzt fand 2020 bei der Versammlung der Vertragsstaaten eine Richterwahl zum Internationalen Strafgerichtshof statt. Die nächste Wahl wird bei der 22. Sitzung der Versammlung der Vertragsstaaten im Dezember 2023 in New York stattfinden.
Die Kandidaten für die Wahl zum Gerichtshof werden von den Vertragsstaaten benannt. Die Richterwahl unterliegt einem Verfahren, das nach Möglichkeit ein ausgewogenes Kollegium gewährleisten soll, sei es hinsichtlich der juristischen Fachkenntnisse, der gerechten geografischen Verteilung oder der ausgewogenen Vertretung weiblicher und männlicher Richter.
Im Februar 2003 wurde mit Claude Jorda erstmals ein französischer Richter zum IStGH gewählt, der am 30. November 2007 von Bruno Cotte abgelöst wurde. Dieser blieb bis 31. Mai 2014 im Amt. Derzeit ist Marc Perrin de Brichambaut als französischer Richter im Amt; sein Mandat endet im März 2024.
Das ständige Engagement Frankreichs für den IStGH
Frankreich hat zur Ausarbeitung und Förderung des Römischen Status und der Rolle des Gerichtshofs im weltweiten System zur Bekämpfung der Straflosigkeit beigetragen. Dieses Engagement schlägt sich in einer ständigen Unterstützung des IStGH nieder.
Zu den Engagements Frankreichs zählen:
• der Einsatz für die universelle Gültigkeit des Römischen Statuts
• die volle und uneingeschränkte Zusammenarbeit mit dem IStGH
• die Unterstützung der NGOs, die in diesem Bereich tätig sind
Frankreich setzt sich gegenüber seinen Partnern für diese Engagements ein.
Diese Engagements finden ihren Ausdruck auch auf multilateraler Ebene beim Menschenrechtsrat, bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen und beim VN-Sicherheitsrat. Soweit erforderlich, achtet Frankreich auf die Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit mit dem IStGH im Rahmen der Umsetzung der Resolutionen des VN-Sicherheitsrats.
Auf Betreiben Frankreichs unterbreitete der Sicherheitsrat dem IStGH auch die Situationen im Darfur und in Libyen.
Die Bemühungen Frankreichs um den IStGH werden durch die Einrichtung eines europäischen Rahmens zur Bekämpfung von Straflosigkeit weiter verstärkt. Frankreich organisiert jedes Jahr Veranstaltungen, die die Rolle und Tätigkeit des IStGH veranschaulichen.
Am 24. Oktober 2022 organisierte es anlässlich des 20. Jahrestags des Inkrafttretens des Römischen Statuts gemeinsam mit dem Kassationshof eine Tagung über die Komplementarität zwischen dem IStGH und den Vertragsstaaten.
Einhaltung der Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit dem IStGH
Frankreich pflegt mit dem IStGH eine kontinuierliche, enge Zusammenarbeit.
Das französische Strafrecht wurde geändert, um der Verpflichtung zur Zusammenarbeit und dem Grundsatz der Komplementarität, die im Römischen Statut vorgesehen sind, nachzukommen. Frankreich entspricht den Ersuchen um justizielle Zusammenarbeit, stellt dem Strafgericht jedoch auch umfangreiche operative Unterstützung zur Verfügung. Frankreich ist eines jener Länder, die – abgesehen von den Staaten, die von Situationen betroffen sind – am stärksten mit dem IStGH zusammenarbeiten.
• 2021 kam Frankreich rund dreißig Unterstützungsersuchen des IStGH nach. Außerdem verwies es rund zehn Ersuchen um Zusammenarbeit im Bereich Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und -vergehen des ordentlichen Gerichts von Paris an den IStGH.
Frankreich spielte auch eine wichtige Rolle bei der Schaffung und Einrichtung des Treuhandfonds zugunsten der Opfer. Es leistet Jahr für Jahr einen freiwilligen Beitrag zu diesem Fonds.
2022 war Frankreich der drittgrößte Beitragszahler zum Haushalt des Gerichtshofs und unterzeichnete am 11. Oktober 2021 ein Abkommen über die Vollstreckung der vom Gerichtshof verhängten Strafen.
Frankreich zählte zu den ersten Staaten, die sich für die Einführung eines Audits des IStGH aussprachen mit dem Ziel, seine Wirkkraft dadurch zu stärken.
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Stand: Oktober 2022