„Erklärung von Ulan Bator“ – Abschlussdokument des Treffens der Außenministerinnen (30. Juni 2023)
Wir, die Außenministerinnen von Deutschland, Frankreich, Indonesien, Liechtenstein, der Mongolei und Südafrika, sind am 29. und 30. Juni 2023 in Ulan Bator, Mongolei, zu einem Treffen weiblicher Außenminister zusammengekommen.
In Bekräftigung unserer Verbundenheit mit dem Völkerrecht, insbesondere der Charta der Vereinten Nationen, ihren Zielen und Grundsätzen sowie den internationalen Menschenrechtsnormen;
Eingedenk unserer Verbundenheit mit der Allgemeingültigkeit der Menschenrechte und insbesondere der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sowie des Übereinkommens der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW);
Ferner in Bekräftigung der Pekinger Erklärung und Aktionsplattform, des Aktionsprogramms der Internationalen Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung und der Abschlussdokumente ihrer jeweiligen Überprüfungskonferenzen sowie der Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung in Bezug auf die Gleichstellung der Geschlechter;
In Unterstützung des Berichts des Generalsekretärs der Vereinten Nationen „Unsere gemeinsame Agenda“, der Frauen und Mädchen einen zentralen Stellenwert einräumt, um die Konkretisierung der Geschlechtergleichheit, der Beteiligung der Frauen und der Ermächtigung von Frauen und Mädchen in allen Bereichen zu beschleunigen;
In Anerkennung dessen, dass die Rechte der Frauen und Mädchen Teil der Menschenrechte und ein wesentlicher Aspekt der Demokratie sind, und dass Gender Mainstreaming bei der Politikgestaltung zur Gleichstellung der Geschlechter und zur Ermächtigung der Frauen beiträgt und gleichzeitig den Aufbau einer integrativen Gesellschaft fördert, die eine tatsächliche, vollständige und gleichwertige Teilhabe der Frauen und Mädchen am sozialen, wirtschaftlichen und politischen Leben gewährleistet;
In Anerkennung der Tatsache, dass durch die Verteidigung der Grundrechte und der Vertretung der Frauen und durch die Gewährleistung ihres gleichberechtigten Zugangs zu den Ressourcen eine gerechte, inklusive und wohlhabende Gesellschaft geschaffen wird, was zur Konsolidierung des Friedens und zu einem dauerhaften Frieden beiträgt;
In Betonung der Notwendigkeit des Dialogs zwischen den Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen und mit allen betroffenen Stakeholdern, um unsere Partnerschaft und unsere Zusammenarbeit zu fördern und uns damit den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen zu stellen;
Unter Berücksichtigung unserer Gespräche über gemeinsame Lösungen für die Probleme, denen die internationale Gemeinschaft heute gegenübersteht, insbesondere in Bezug auf internationalen Frieden und Sicherheit, Ernährungssicherheit und Klimawandel;
Aufgrunddessen:
Erinnern wir an die Notwendigkeit, die Resolution 1325 „Frauen, Frieden und Sicherheit“ des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 31. Oktober 2000 und aller nachfolgenden, damit verbundenen Resolutionen vollständig umzusetzen, insbesondere die Resolution 2467, und bringen unsere Besorgnis über die unverhältnismäßigen Auswirkungen von Konflikten auf Frauen und Mädchen weltweit sowie über die Häufigkeit von sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt, einschließlich konfliktbedingter sexueller Gewalt, sowohl offline als auch online, zum Ausdruck;
Bekräftigen wir die unverzichtbare Rolle von Frauen bei der Verhütung und Beilegung von Konflikten und bei der Konsolidierung des Friedens und betonen, dass sie an der Verhütung und Beilegung von Konflikten sowie an allen Bemühungen um die Wahrung von Frieden und Sicherheit beteiligt sein und eine zentrale, umfassende, tatsächliche und gleichberechtigte Rolle spielen müssen;
Ermutigen wir die Mitgliedstaaten, den Zugang der überlebenden Opfer sexueller Gewalt zur Justiz während und im Anschluss an Konflikte zu verstärken, insbesondere für Frauen und Mädchen, die davon besonders betroffen sind, indem sie unter anderem dafür sorgen, dass die Urheber von sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt rasch Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen, Verfolgung und Sanktionen werden und dass überlebende Opfer angemessen entschädigt werden; darüber hinaus ermutigen wir sie, weiterhin mit geeigneten Mitteln gegen Straflosigkeit vorzugehen und dafür zu sorgen, dass die Täter zur Rechenschaft gezogen werden;
Verpflichten wir uns, die Agenda „Frauen, Frieden und Sicherheit“ vollumfänglich umzusetzen, unter anderem durch nationale Aktionspläne und andere Umsetzungsrahmen und indem wir die Zahl der Frauen, die an Friedensaktionen der Vereinten Nationen teilnehmen, nach Bedarf erhöhen;
Verdoppeln wir unsere Anstrengungen, die Erziehung zur Gleichstellung der Geschlechter in die Ausbildung von Polizeibeamten sowie von Militär-, Strafvollzugs- und Zivilpersonal, das an friedenserhaltenden Missionen teilnimmt, aufzunehmen, insbesondere im Hinblick auf die Vorbeugung und Bekämpfung von sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt;
Rufen wir zu einer tatsächlichen, umfassenden, gleichberechtigten und sicheren Beteiligung von Frauen und Mädchen in Afghanistan auf; ferner fordern wir die Taliban auf, umgehend alle Maßnahmen und Praktiken aufzugeben, die Frauen und Mädchen an der Wahrnehmung ihrer Grundrechte und -freiheiten hindern, insbesondere in Bezug auf ihren Zugang zu Bildung und Beschäftigung, die Bewegungsfreiheit und die tatsächliche, umfassende und gleichberechtigte Teilhabe von Frauen am öffentlichen Leben, und fordern darüber hinaus alle Staaten und Organisationen auf, im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen ihren Einfluss geltend zu machen, um die Abschaffung dieser Politik und dieser Praktiken dringend zu fördern;
Unternehmen wir weiterhin gemeinsame Anstrengungen, um die Geschlechtergleichstellung in Friedenssicherungseinsätze einzubeziehen und eine tatsächliche, gleichberechtigte Beteiligung der Frauen an friedensschaffenden, friedenserhaltenden und friedensbildenden Maßnahmen zu gewährleisten, insbesondere durch die Erhöhung der Frauenquote am zivilen und militärischen Personal bei Friedenssicherungseinsätzen, auf allen Ebenen und in Führungspositionen, sowie durch die Schaffung eines sicheren, stimulierenden Umfelds für Frauen, die an solchen Einsätzen teilnehmen;
Stärken wir Partnerschaften mit Frauenorganisationen der Zivilgesellschaft, Menschenrechtsaktivistinnen und Frauen, die sich für den Frieden einsetzen, um ihre Beteiligung an Entscheidungsprozessen zu erleichtern, indem wir unter anderem Frauen aus betroffenen Konfliktgebieten zur Teilnahme an Diskussionen einladen;
Ergreifen wir Maßnahmen, um die Fähigkeiten von Frauen im Bereich der Friedenskonsolidierung zu stärken, insbesondere als Vermittlerinnen, Verhandlungsführerinnen und Ersthelferinnen auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene; und ermutigen alle Länder, die Agenda „Frauen, Frieden und Sicherheit“ systematisch zu integrieren und zu berücksichtigen, inklusive Friedensprozesse zu unterstützen, zu investieren und sich systematisch politisch zu engagieren, damit Frauen in Friedensprozessen, in der Governance des öffentlichen Sektors und in politischen Entscheidungsprozessen eine zentrale, umfassende, tatsächliche und gleichberechtigte Rolle spielen und an ihnen teilhaben können.
Wir:
Bringen unsere Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass fast jeder Dritte weltweit keinen Zugang zu einer angemessenen Ernährung hat, und erinnern an den Aufruf des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, die Ernährungssysteme umzugestalten und dabei Gesundheit, Klima und die Ziele für nachhaltige Entwicklung zu berücksichtigen;
Betonen, dass Konflikte, grenzüberschreitende organisierte Kriminalität, extreme Wetterereignisse, wirtschaftliche Instabilität, Bodendegradation, Verlust der biologischen Vielfalt und Umweltverschmutzung zu den Hauptursachen für Ernährungsunsicherheit und Vertreibung zählen und dass es in der globalen Verantwortung liegt, auf die Risiken der Ernährungsunsicherheit zu reagieren;
Nehmen mit großer Sorge die fatalen Folgen des Krieges in der Ukraine zur Kenntnis, allen voran im humanitären Bereich und ganz besonders für Frauen, Kinder und die weltweite Ernährungssicherheit, und rufen alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen auf, im Geiste der Solidarität zusammenzuarbeiten und die Bemühungen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen zur Bewältigung dieser Folgen zu unterstützen;
Sind ferner besorgt darüber, dass der Klimawandel ein Hindernis für die Zurückdrängung der Armut und die Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung darstellt, die Ernährungssicherheit gefährdet und das Risiko von Hungersnöten erhöht, und dass Frauen und Mädchen, insbesondere in ländlichen und abgelegenen Gebieten und in Entwicklungsländern, vor allem in Binnenentwicklungsländern, in den am wenigsten entwickelten Ländern und in kleinen Inselentwicklungsländern, unverhältnismäßig stark von den Folgen des Klimawandels, darunter Wüstenbildung, Entwaldung, Sand- und Staubstürme sowie Naturkatastrophen, anhaltende Dürren, extreme Wetterereignissen, Anstieg des Meeresspiegels, Küstenerosion und Versauerung der Ozeane, betroffen sind, was ihre Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel oft beeinträchtigt;
Erkennen an, dass die Ausrufung eines Internationalen Jahres der Weidelands und der Weidetierhaltung im Jahr 2026 durch die internationale Gemeinschaft dazu beitragen würde, nachhaltige Bodennutzungspraktiken zu entwickeln, den Zustand der Ökosysteme zu verbessern, Treibhausgasemissionen zu reduzieren und die biologische Vielfalt zu erhalten und zu stärken;
Ermutigen die Länder, nachhaltigen landwirtschaftlichen Praktiken Vorrang einzuräumen, um die Ernährungssicherheit im Kontext des Klimawandels zu gewährleisten, und ihre Bemühungen darum fortzusetzen, dass Frauen an Entscheidungsprozessen in Bezug auf den Klimawandel, den Umwelt- und Katastrophenschutz umfassend, tatsächlich und gleichberechtigt beteiligt sind und dabei eine zentrale Rolle spielen;
Und verpflichten uns, die internationale Zusammenarbeit zu fördern, um die Widerstandsfähigkeit zu stärken und die Anpassungsfähigkeit aller Frauen und Mädchen vor dem Hintergrund des Klimawandels, der Umweltbeeinträchtigung und der Naturkatastrophen zu erhöhen.
Wir, die Teilnehmerinnen an diesem Treffen,
Danken dem Gastgeberland Mongolei und den Mitorganisatoren Deutschland und Frankreich für die effiziente Organisation und die erfolgreichen Ergebnisse des Treffens der Außenministerinnen in Ulan Bator sowie für den herzlichen Empfang, der allen Teilnehmerinnen bereitet wurde;
Und sind übereingekommen, unsere Anstrengungen fortzusetzen, um unsere gemeinsamen Verpflichtungen, die wir in dieser Erklärung dargelegt haben, umzusetzen.