Frankreich und die Schweiz
Politische Beziehungen und jüngste Besuche
Treffen der Staatschefs: Ignazio Cassis sprach am Rande des Pariser Friedensforums am 11. November 2022 mit dem französischen Staatspräsidenten. 2018 nahm der Bundespräsident der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Alain Berset, an den Feierlichkeiten vom 10.-11. November 2018 in Paris teil. Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron begab sich anlässlich des Weltwirtschaftsforums von Davos im Januar 2018 in die Schweiz. Zuvor hatten Emmanuel Macron und der französische Premierminister Edouard Philippe die Bundespräsidentin der Schweiz für 2017, Doris Leuthard, am 18. Juli 2017 in Paris empfangen. Der Staatsbesuch von François Hollande am 15. und 16. April 2015 war der dritte seit 1910, nach Jacques Chirac im Jahr 1998 und François Mitterrand 1983. Am 15. und 16. November 2023 fand ein Staatsbesuch von Emmanuel Macron auf Einladung des Bundespräsidenten Alain Berset statt.
2020 zählte die Schweiz zu den Ehrengästen bei den Feierlichkeiten am 14. Juli 2020 als Dank für ihre Solidarität mit Frankreich, denn sie hatte während der Coronakrise 52 französische Patienten in ihren Krankenhäusern aufgenommen. Gesundheitsminister Alain Berset kam auf Einladung des französischen Staatspräsidenten nach Frankreich.
Treffen der Außenminister: Ignazio Cassis besuchte am 17. Juni 2021 Paris zu einem Gespräch mit Außenminister Le Drian. Dieser kam zu einem offiziellen Besuch am 16. November 2020 nach Bern, wo er mit seinem Amtskollegen Ignazio Cassis sprach und mit der Schweizer Bundespräsidentin für 2020, Simonetta Sommaruga, zusammentraf. Die Außenminister Le Drian und Cassis hatten sich im März 2020 in Paris getroffen. Zuvor sprachen der französische Außenminister und sein Schweizer Amtskollege Ignazio Cassis am 24. August 2018 in Bern miteinander. Ein früheres Treffen hatte am 19. Dezember 2017 in Paris stattgefunden.
Treffen der Staatssekretäre und beigeordneten Minister: Olivier Becht, beigeordneter Minister für Außenhandel, war im Januar 2023 beim Weltwirtschaftsforum von Davos und am 22.-23. Juni 2023 in Genf, um die herausragende schweizerisch-französische Zusammenarbeit hervorzuheben. Auch die französischen Minister Veran, Firmin le Bodo, Retailleau und Braun begaben sich im Winter 2023 in die Schweiz. Am 30. November 2022 reiste Sarah El Haïry, Staatssekretärin für Jugend und für den allgemeinen Nationaldienst, nach Genf und Zürich, um sich über das Schweizer Modell des Nationaldiensts zu informieren. Am 8. November 2022 empfing die französische Staatssekretärin für Europa, Laurence Boone, ihre Amtskollegin Livia Leu in Paris. Am 11. März 2022 begab sich Staatssekretärin Sophie Cluzel in die Schweiz und führte Gespräche zur Zusammenarbeit im Gesundheitswesen. Am 29. Januar 2022 fuhr Jean-Baptiste Lemoyne, Staatssekretär beim Minister für Europa und auswärtige Angelegenheiten, nach Cluse-et-Mijoux und in die Schweiz im Rahmen der Gedenkfeiern zum 150. Jahrestag der Ankunft der Bourbakis. Am 1. Juli 2021 war er in Genf, um Tourismusfragen zu besprechen. Am 1. April 2021 reiste Franck Riester, beigeordneter Minister für Außenhandel und Standortförderung, nach Genf. Jean-Baptiste Lemoyne, Staatssekretär beim Minister für Europa und auswärtige Angelegenheiten, begab sich am 26. Juni 2020 auf Einladung des Bundesrats und Vorstehers des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten, Ignazio Cassis, in die Schweiz.
Treffen der Verteidigungsminister: Florence Parly reiste am 22. März 2021 nach Bern und traf mit ihrer Amtskollegin Viola Amherd zusammen. Die beiden Ministerinnen hatten sich zuvor am 18. Oktober 2019 in Paris getroffen. Ein früheres Treffen zwischen Frau Parly und ihrem damaligen Amtskollegen Guy Parmelin hatte am 3. September 2018 in Bern stattgefunden und mündete in die Unterzeichnung eines zwischenstaatlichen Abkommens am 23. November 2018 in Paris. Zuvor waren die französische Ministerin Florence Parly und ihr schweizerischer Amtskollege Guy Parmelin am 30. Oktober 2017 in Paris und am 16. Februar 2018 in München zusammengekommen.
Treffen der Wirtschaftsminister: Bruno Le Maire reiste am 31. März 2021 zu Gesprächen mit dem Bundespräsidenten Guy Parmelin und dem Finanzminister Ueli Maurer nach Bern.
Weitere Informationen über die bilateralen Besuche auf der Website der Französischen Botschaft
Französische Präsenz
Website der französischen Botschaft: http://www.ambafrance-ch.org/
Französische Generalkonsulate: Genf und Zürich
Französische Gemeinschaft in der Schweiz: 2023 waren 172.580 Personen beim Konsularregister als Auslandsfranzosen eingetragen (34,5 % der beim Konsularregister eingetragenen Franzosen haben die Doppelstaatsbürgerschaft). Rund 200.000 französische Grenzgänger arbeiten täglich in der Schweiz.
Schweizer Gemeinschaft in Frankreich: 198.346 Schweizer sind beim Konsularregister in Frankreich eingetragen.
Wirtschafts- und Handelsbeziehungen
Der Handel zwischen Frankreich und der Schweiz ist von anhaltendem Wachstum geprägt: Zwischen 2010 und 2022 nahm der Warenhandel zwischen Frankreich und der Schweiz um 74 % zu und erreichte 2022 einen Höchststand von knapp 39 Mrd. Euro (Gesamtwert der Importe und Exporte). Nach einem abrupten Rückgang des französisch-schweizerischen Handels aufgrund der Coronakrise verzeichneten die französischen Exporte in die Schweiz im Jahr 2021 mit +18 % erneut einen starken Anstieg und überstiegen mit 17 Mrd. Euro das durchschnittliche Niveau vor der Coronakrise. Die französischen Importe aus der Schweiz (14,7 Mrd. Euro 2021) waren in den letzten fünf Jahren hingegen wesentlich weniger dynamisch. 2021 erreichte der Handelsbilanzüberschuss Frankreichs mit der Schweiz im Güterhandel mit 2,3 Mrd. Euro sein zweithöchstes Niveau innerhalb des Zeitraums 2010-2021. Zwischen 2020 und 2021 stieg er um 44 %. Es handelt sich um den zweithöchsten Handelsbilanzüberschuss Frankreichs in Europa, nach dem Vereinigten Königreich (6,8 Mrd. Euro).
Seit 2013 sind die Marktanteile Frankreichs in der Schweiz (nur Güter) stabil und liegen zwischen 6 und 7 %. 2021 beliefen sie sich auf 6 %. Noch günstiger fällt die Situation für Frankreich im Dienstleistungssektor aus. Mit französischen Exporten in die Schweiz im Wert von 13,4 Mrd. Euro im Dienstleistungssektor im Jahr 2020 und Importen in Höhe von 7,8 Mrd. Euro bildet die Schweiz weiterhin unseren weltweit größten bilateralen Überschuss im Handel mit Dienstleistungen (5,6 Mrd. Euro).
Zusammenarbeit in den Bereichen Kultur, Wissenschaft und Technik
Unsere Zusammenarbeit mit der Schweiz fügt sich in einen besonderen Kontext ein: Für die Bereiche Kultur, Bildung, Wissenschaft und Hochschulbildung sind größtenteils die 26 Kantone, die in Sachen Zuständigkeit und Finanzierung eine vorherrschende Rolle spielen, die Städte (50 % der Finanzierungen im Kulturbereich) und die Privatwirtschaft (71 % der F&E) zuständig.
Die Schweizerische Eidgenossenschaft ist sehr aktiv im Bereich der Forschung und Entwicklung, für den sie 3,4 % ihres BIP aufwendet. Ihre Forschung gilt als eine der leistungsfähigsten weltweit. Die schweizerisch-französische Zusammenarbeit nimmt verschiedene Formen an:
- Die Schweiz ist der 6. Partner Frankreichs im Bereich der gemeinsamen Publikationen.
- Die Schweiz zählt mehr als 700 Hochschulpartnerschaften mit Frankreich, darunter 30 Doppeldiplome.
- Was die Mobilität von Studierenden betrifft, ist die Schweiz das vierte Zielland für französische Studierende.
- Die beiden Staaten sind die Standortländer der Europäischen Organisation für Kernforschung (CERN), eines der größten und renommiertesten wissenschaftlichen Labors der Welt und das erste europäische Forschungslabor für Teilchenphysik. Ihr LHC (Large Hadron Collider) ist der derzeit größte und leistungsstärkste Teilchenbeschleuniger der Welt. Um diesen Vorsprung zu halten, wird aktuell ein neues Projekt (FCC, Future Circular Collider) geprüft.
- Die Schweiz ist das siebte Zielland für Forschungsaufenthalte von Forschern des französischen Zentrums für wissenschaftliche Forschung CNRS (CERN ausgenommen). Das CNRS unterhält gemeinsam mit der Schweiz seit 2001 ein europäisches Forschungsprogramm für Mikrotechnik (Laboratoire européen associé, LEA), dem etwa zehn französische und schweizerische Forschungsinstitute angehören.
- Nahezu alle französischen Forschungseinrichtungen stehen im Kontakt mit Schweizer Einrichtungen, allen voran das Nationale Institut für Gesundheit und medizinische Forschung (INSERM) – die Schweiz ist sein sechstwichtigster Partner weltweit – mit etwa 315 Partnerschaften; ebenfalls nennenswert sind das Nationale Institut für Agrarforschung (INRA), die französische Forschungseinrichtung für die Nutzung der Meere (IFREMER), das Nationale Forschungsinstitut für Informatik und Automatisierung (INRIA), das Institut Pasteur und das französische Raumfahrtforschungszentrum (CNES).
Da die Schweiz für die französische Kultur- und Kreativwirtschaft (allen voran in den Bereichen Film, Literatur, Kunst, Videospiele und visuelle Künste) ein wichtiger Markt ist, unterstützt die französische Auslandsvertretung mit ihren Projekten zahlreiche Kultureinrichtungen und -festivals zur Förderung des französischen Schaffens. Aufgrund des Rückgangs der französischen Sprache in der deutschsprachigen Schweiz – und das, obwohl diese zu den Landessprachen zählt – wurden darüber hinaus in diesem Teil des Landes zahlreiche Projekte für den Schul- und Hochschulsektor entwickelt (Verbreitung der kulturellen Plattform Culturethèque, Einrichtung und Betreuung des Netzwerks LabelFranceEducation usw.). Mit der Schaffung eines Partnernetzwerks, das über die acht nicht vertraglich gebundenen Alliances françaises in der Schweiz hinausgeht, wird angestrebt, auch ein anderes Publikum anzusprechen. Des Weiteren führt der Kulturbeauftragte den Vorsitz der Fondation Esprit Francophonie, welcher für die Vergabe der Delf/Dalf Sprachdiplome in den verschiedenen Kantonen zuständig ist (10.000 Kandidaten pro Jahr, wodurch die Schweiz gemessen an der Teilnehmerzahl weltweit auf Platz 9 und gemessen an den Einnahmen des CIEP mit einem Umsatz von 3,3 Mio. CHF auf Platz 4 steht).
Ergänzt werden die Tätigkeiten dieser Stiftung durch das Netz der AEFE (französische Zentralstelle für das Auslandsschulwesen), das fünf staatlich anerkannte Bildungseinrichtungen (Genf, Lausanne, Basel, Bern, Zürich), darunter eine vertraglich gebundene, mit insgesamt 1.885 Schülerinnen und Schülern umfasst. Das Lycée français Marie Curie in Zürich wurde mit seinen nahezu 1.130 Schülerinnen und Schülern 2016 an einem Standort zusammengelegt, während die internationale französische Schule in Bern (90 Schülerinnen und Schüler) ab dem 1. September 2021 an einem neuen Standort untergebracht wurde, der auf ein zukünftiges Wachstum ausgelegt ist und eine bessere Unterbringung ermöglicht.
Die Schweiz wurde 1989 auf dem Gipfeltreffen in Dakar Vollmitglied der Frankophonie und trat 1996 der Hochschulagentur der Frankophonie bei. Außerdem unterstützt sie die internationale Allianz für den Schutz des Kulturerbes in bewaffneten Konflikten (Alliance internationale pour la protection du patrimoine dans les conflits armés, ALIPH), die auf Initiative von Frankreich und den Vereinigten Arabischen Emiraten ins Leben gerufen wurde, im März 2017 in der Schaffung einer privatrechtlichen Stiftung in Genf mündete und über den Status einer internationalen Organisation verfügt.
Seit März 2022 können sich schweizerische Hochschuleinrichtungen als assoziierte Mitglieder an gemeinsamen Kandidaturen von Hochschulallianzen für „Europäische Universitäten“ beteiligen. So haben sich vier Schweizer Universitäten vier großen europäischen Hochschulen angeschlossen, zu denen auch vier französische Universitäten gehören.
Grenzüberschreitende Zusammenarbeit
Vor dem Hintergrund, dass die beiden Länder über eine 570 km lange Grenze verfügen, ist die grenzüberschreitende Zusammenarbeit ein wesentlicher Bestandteil der Beziehung zwischen der Schweiz und Frankreich. Diese Zusammenarbeit betrifft 10 Schweizer Kantone und die Hälfte der Schweizer Bevölkerung. Auf französischer Seite weisen drei Regionen Grenzen zur Schweiz auf (Auvergne-Rhône-Alpes, Bourgogne-Franche-Comté und Grand Est) und vereinen auf sich 47 % des bilateralen Handelsvolumens, allen voran die Region Grand-Est (20,3 %), gefolgt von Auvergne-Rhône-Alpes (18,6 %) und Bourgogne-Franche-Comté (8,1 %). Außerdem pendeln 200.000 Grenzgänger aus Frankreich täglich zur Arbeit in die Schweiz. Diese Realität nahm mit der Coronakrise eine besondere Dimension an, da Frankreich sich ebenso wie die Schweiz entschlossen hatte, die grenzüberschreitende Mobilität innerhalb dieses gemeinsamen Lebensraums aufrechtzuerhalten.
Trotz seiner Dichte ist der grenzüberschreitende Austausch aufgrund der vielfältigen Problemstellungen (Gesundheitswesen, Besteuerung, Verkehr, Umwelt usw.) und der unterschiedlichen Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen dem Staat und den verschiedenen Gebietskörperschaften in Frankreich und der Schweiz überaus komplex.
Der institutionelle Teil der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit beruht auf einem umfassenden Rechtsrahmen, dem 1996 zwischen Frankreich, Deutschland, Luxemburg und der Schweiz unterzeichneten Karlsruher Übereinkommen und drei Nachbarschaftsabkommen, auf deren Grundlage Kommissionen für das Grenzgebiet zwischen Frankreich und Genf, das Gebiet des Oberrheins und den Jurabogen eingerichtet wurden. Jedes Jahr werden bilaterale politische Konsultationen zu grenzüberschreitenden Themen abgehalten. Zuletzt fanden diese am 4. März 2023 statt (unter schweizerischem Vorsitz).
Die Schweiz und die Europäische Union
Die Schweiz liegt im Herzen Europas und war im Jahr 1960 Mitbegründerin der Europäischen Freihandelsassoziation (AELE). Am 16. Juni 2016 zog die Schweiz ihren Antrag auf Beitritt zur Europäischen Union zurück. Diesen Antrag hatte sie im Mai 1992 gestellt, er wurde jedoch durch den negativen Ausgang der Volksabstimmung vom 6. Dezember 1992 über den Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) hinfällig. Sie ist demnach weder Mitglied der Europäischen Union (EU) noch des EWR und bevorzugt den „bilateralen Weg“, also das komplexe Gefüge von über 120 Übereinkünften, darunter die „bilateralen Abkommen I“ aus dem Jahr 1999 und die „bilateralen Abkommen II“ aus dem Jahr 2004. Dadurch hat sie die Möglichkeit, an europäischen Kooperationen auf einer von Fall zu Fall ausgehandelten Grundlage teilzunehmen und von der Öffnung der Märkte zu profitieren, ohne dabei ihre Besonderheiten aufzugeben. Dennoch ist die Schweiz Teil des Schengen-Raums.
Zwischen 2014 und 2021 haben die Europäische Union und die Schweiz einen institutionellen Rahmenvertrag ausgehandelt, der darauf abzielt, die Beteiligung der Schweiz am Binnenmarkt langfristig zu konsolidieren. Dadurch sollte der Rechtsrahmen der Beteiligung der Schweiz am europäischen Binnenmarkt vereinheitlicht werden. Der institutionelle Rahmenvertrag sollte demnach einen Mechanismus zur Beilegung von Streitigkeiten vorsehen, der die einheitliche Anwendung des Besitzstands im gesamten Binnenmarkt gewährleistet, und damit die Einhaltung der einschlägigen Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH); horizontale Regelung der staatlichen Beihilfen; freier Personenverkehr mit effektiver, dynamischer Wiederaufnahme des Besitzstands (Beendigung exzessiver „Begleitmaßnahmen“ und Anpassung an den Besitzstand, dessen Wiederaufnahme bereits vom Freizügigkeitsabkommen abgedeckt ist); ein Bereich, der zahlreiche bilaterale Abkommen abdeckt, insbesondere jene, deren vollumfängliche Anwendung Schwierigkeiten bereitet.
Trotz des am 23. November 2018 von der Europäischen Kommission und den Schweizer Verhandlern unterzeichneten Abkommens traf die Schweiz am 26. Mai 2021 nach jahrelangem Zaudern die Entscheidung, ihre Verhandlungen über ihre Beziehungen zur Europäischen Union abzubrechen. Nach eineinhalb Jahren ohne wesentliche Fortschritte erhielten die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU im Sommer 2023 eine neue Dynamik. Die aktuellen Sondierungsgespräche im Vorfeld zu tatsächlichen Verhandlungen zielen nicht auf einen einzigen institutionellen Rahmenvertrag ab wie im Jahr 2018, sondern auf Bestimmungen, die eine Neuordnung der Beziehungen zwischen der EU und der Schweiz ermöglichen. Neue Sicherungsmaßnahmen sollen insbesondere die Einhaltung des EU-Rechts und den Ausgleich für den Zugang zum Binnenmarkt betreffen (vier Freiheiten, finanzielle Beteiligung), aber auch die Teilnahme am Forschungsprogramm Horizon Europe und drei neue Abkommen zur Stärkung der Versorgungssicherheit (Strom, Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, im Einklang mit offensiven Interessen der Schweiz). Die Frage der Modernisierung des Freihandelsabkommens von 1972 (insbesondere über landwirtschaftliche Erzeugnisse) ist noch ungeklärt.
Die Schweiz ist zwar kein EU-Mitglied, teilt jedoch die wichtigsten Werte der Europäischen Union: Engagement für Demokratie und Menschenrechte, Ausweitung des humanitären Völkerrechts und Vermittlung in Konfliktsituationen, um Frieden und Sicherheit für die Bevölkerung wiederherzustellen.
Dementsprechend leistet die Schweiz hohe und häufige Beiträge zu verschiedenen Operationen und Missionen im Rahmen der GSVP (EUNAVFOR Operation Atalanta, eine Marineoperation der EU zur Bekämpfung der Piraterie; zivile Mission EULEX im Kosovo; Operation ALTHEA in Bosnien und Herzegowina usw.). Darüber hinaus konkretisierte sich der Beitritt der Schweiz zum Schengen-Raum durch die Abschaffung der Kontrollen an den Landesgrenzen am 12. Dezember 2008 und an den Luftraumgrenzen am 29. März 2009.
Außerdem sind die EU und die Schweiz wichtige Wirtschaftspartner. 2020 war die Schweiz der vierte Handelspartner der EU nach China, den USA und dem Vereinigten Königreich. Die EU ist bei weitem der wichtigste Handelspartner der Schweiz und repräsentiert 42 % der Warenexporte der Schweiz bzw. 60 % ihrer Importe. Ihre Wirtschafts- und Handelsbeziehungen werden durch das Freihandelsabkommen von 1972 sowie die bilateralen Abkommen von 1999 geregelt. Diese Abkommen geben der Schweiz einen direkten Zugang zu wichtigen Sparten des EU-Binnenmarkts, darunter:
• Freier Personenverkehr.
* Die gegenseitige Anerkennung von Produktnormen.
• Die Öffnung der öffentlichen Beschaffungsmärkte, des Flugverkehrs und des Straßen- und Schienenverkehrs für die Personen- und Güterbeförderung.
Der Wegfall der Handelsbeschränkungen ist eine wichtige Quelle des Wohlstands für beide Seiten. Die Beteiligung der Schweiz an anderen Sektoren des Binnenmarkts, darunter Strom, Gesundheitswesen oder Dienstleistungen, hängt vom Abschluss eines institutionellen Rahmenvertrags ab.