6 Fragen zum Élysée-Vertrag
Mit dem am 22. Januar 1963 zwischen Frankreich und der Bundesrepublik Deutschland nach jahrzehntelangen Konflikten und Rivalitäten geschlossenen Élysée-Vertrag setzten die beiden Länder ein Zeichen der Aussöhnung und schafften die Grundlage für eine enge bilaterale Zusammenarbeit im Dienste der europäischen Integration.
Was genau beinhaltet der Vertrag, welche konkreten Vorteile bietet er beiden Ländern und wie beeinflusst er die deutsch-französische Freundschaft?
Weshalb heißt es, dass durch den Élysée-Vertrag die deutsch-französische Aussöhnung besiegelt wurde?
Der 18 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg unterzeichnete Elysee-Vertrag ist das Ergebnis der Annäherung zwischen dem französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle und dem deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer. Sie beide waren Gegner des Nazi-Regimes und wünschten demnach, dem einstigen Feind die Hand zu reichen. Mit diesem Vertrag beschlossen sie, eine neue Beziehung aufzubauen und eine dauerhafte Freundschaft zwischen den beiden Völkern zu besiegeln. Für die Unterzeichner war es wichtig, dass der Vertrag nicht nur ein Abkommen zwischen Staatschefs bleibt, sondern die Bürger der beiden Länder miteinbezogen werden, damit sie miteinander sprechen und sich so gegenseitig kennen und schätzen lernen.
Warum ein Vertrag?
General de Gaulle und Bundeskanzler Adenauer zogen es vor, einen Vertrag und nicht nur eine einfache Erklärung zu unterzeichnen. Ihr Ziel war es, über eventuelle politische Veränderungen hinaus ein langfristiges gegenseitiges Engagement einzugehen und durch die Verankerung eines „deutsch-französischen Reflexes“ eine systematische und institutionelle Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern zu erreichen.
Wie wurde die Kultur zum Grundpfeiler der deutsch-französischen Freundschaft?
Bereits 1963 wurde die Kultur zum Grundpfeiler der deutsch-französischen Freundschaft, um so die Verbindungen zwischen den jungen Menschen in beiden Ländern zu stärken. Diese enge Zusammenarbeit im kulturellen Bereich findet ihren Ausdruck in zwei Errungenschaften des Elysée-Vertrags.
Zum einen ermöglichte der Vertrag die Gründung des Deutsch-Französischen Jugendwerks (DFJW oder Office franco-allemand pour la jeunesse (OFAJ) auf Französisch), das oft als „schönstes Kind des Élysée-Vertrags“ bezeichnet wird. Diese Organisation hat das Ziel, Austausch und das Erlernen der Partnersprache zu fördern. Seit 1963 konnten dank des DFJW über 10 Millionen junge Franzosen und Deutsche an 380 000 Austauschprogrammen teilnehmen.
Weitere Informationen über das DFJW finden Sie auf der Website des Deutsch-Französischen Jugendwerks
Andererseits wurde mit dem Elysée-Vertrag das Amt des Bevollmächtigten der Bundesrepublik Deutschland für die deutsch-französischen kulturellen Beziehungen eingeführt. Seine Rolle ist von entscheidender Bedeutung, da Frankreich mit ihm über einen zentralen Ansprechpartner in Fragen der Kultur und Bildung verfügt. Er oder sie vertritt die deutschen Bundesländer im Rahmen der deutsch-französischen Beziehungen (Bildung und Kultur sind vorbehaltene Zuständigkeiten der Länder) und stimmt seine Positionen mit den vom Bund festgelegten Positionen im Bereich der auswärtigen Kulturpolitik ab.
Wie wurde die Zusammenarbeit in anderen Bereichen formalisiert?
Im Jahr 1988 unterzeichneten Frankreich und Deutschland ein Ergänzungsprotokoll zum Elysée-Vertrag, das die Stärkung der deutsch-französischen Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft und Verteidigung auf sehr hohem Niveau ermöglichte.
Der Deutsch-Französische Wirtschafts- und Finanzrat fördert die bilaterale Harmonisierung der Gesetzgebungen und koordiniert die Wirtschaftspolitik der beiden Länder, um ihre Volkswirtschaften zu verbessern. Der Rat bringt die Wirtschafts- und Finanzminister sowie die Präsidenten der Zentralbanken beider Länder zusammen.
Der Deutsch-Französische Verteidigungs- und Sicherheitsrat sorgt seinerseits für die Koordinierung der Außen- und Verteidigungsministerien und soll zur Entwicklung der europäischen Verteidigung beitragen. Zu diesem Rat kommen zweimal jährlich der französische Staatspräsident, der deutsche Bundeskanzler, die Außen- und Verteidigungsminister sowie der französische Generalstabschef und der Generalinspekteur der Bundeswehr zusammen.
Wie koordinieren sich Frankreich und Deutschland auf politischer Ebene?
Anlässlich des 40. Jahrestags des Elysée-Vertrags am 22. Januar 2003 richteten Frankreich und Deutschland den Deutsch-Französischer Ministerrat ein. Dieses Format ermöglicht es den beiden Staats- und Regierungschefs, mit allen oder einem Teil ihrer Regierungsmitglieder zusammenzukommen, um die deutsch-französische Zusammenarbeit auf hoher politischer Ebene zu überwachen. Diese Treffen finden zweimal im Jahr in Form einer Kabinettsklausur oder eines formellen deutsch-französischen Ministerrats statt.
Darüber hinaus sind die Beauftragten für die deutsch-französische Zusammenarbeit dafür zuständig, die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der deutsch-französischen Ministerräte zu koordinieren. Sowohl in Frankreich als auch in Deutschland üben die Europaminister diese Funktion in enger Zusammenarbeit mit einem Stellvertreter aus dem Partnerland aus, der als Austauschdiplomat im Kabinett tätig ist.
Diese verschiedenen Austauschrahmen ermöglichen es Paris und Berlin, ihre Treffen zu vervielfachen und ihre Zusammenarbeit aufrechtzuerhalten, wobei sie sich an die politischen Entwicklungen in beiden Ländern anpassen.
Wann findet der Deutsch-Französische Tag statt?
In Anlehnung an das Datum der Unterzeichnung des Elysée-Vertrags am 22. Januar 1963 wird der Deutsch-Französische Tag jedes Jahr am 22. Januar gefeiert. Dieser Tag dient als Impuls für ein besseres Kennenlernen des Partnerlandes. Der Schwerpunkt liegt auf den Vorteilen, die die Vielsprachigkeit und die Beherrschung der Partnersprache mit sich bringen, sei es die kulturelle Öffnung oder die wirtschaftlichen Möglichkeiten, die einem dadurch in Europa und in der Welt geboten werden.