Deutschland - Frankreich: eine innovative grenzüberschreitende Zusammenarbeit

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Die Freizügigkeit ist einer der Grundsätze der Europäischen Union. Jeden Tag überqueren fast 2 Millionen Berufspendler (darunter 400 000 aus Frankreich) die Binnengrenzen der Union. Die bestehenden länderübergreifenden Ballungsräume entwickeln sich zu neuartigen Lebensräumen und Räumen für sozioökonomische Entwicklung. Diese Situationen müssen berücksichtigt werden, indem den Grenzgebieten angemessene Mittel für den Umgang mit ihren wirtschaftlichen, kulturellen oder auch strukturellen Besonderheiten in die Hand gegeben werden.
Bereits 2019 haben Deutschland und Frankreich im Rahmen des Vertrags von Aachen über die deutsch-französische Zusammenarbeit und Integration gemeinsam konkrete Maßnahmen erarbeitet, die nun nach und nach umgesetzt werden.

Eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen benachbarten Regionen

Der im Vertrag von Aachen vorgesehene Ausschuss für grenzüberschreitende Zusammenarbeit wurde im Januar 2020 von der Staatssekretärin für europäische Angelegenheiten Amélie de Montchalin und ihrem deutschen Amtskollegen Michael Roth im Beisein von Jacques Champagne de Labriolle, Botschafter für zwischenstaatliche Kommissionen, Zusammenarbeit und Grenzfragen, eingerichtet. Bei seiner ersten Sitzung verabschiedete der Ausschuss seine Geschäftsordnung, die die Einrichtung eines kleinen Sekretariats in Kehl und regelmäßige Treffen in Straßburg und anderen Orten vorsieht.
Seitdem ist der Ausschuss im April 2020 zusammengekommen und eine dritte Sitzung fand per Videokonferenz am 10. Juni 2020 statt.

Dieses neue politische Gremium wurde geschaffen, um die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von vor Ort aus zu steuern. Dafür bringt es lokale Vertreterinnen und Vertreter der Region Grand Est, des Elsass, des Departements Moselle sowie der Bundesländer Saarland, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz an einen Tisch. Der Ausschuss geht so auf die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger ein und berücksichtigt die besonderen Gegebenheiten der Gebiete. Dadurch ist er in der Lage, Folgeabschätzungen neuer Gesetzte durchzuführen. Seine Aufgabe besteht darin, prioritäre Vorhaben für die Entwicklung der Grenzgebiete festzulegen, fortlaufend eventuell bestehende Schwierigkeiten festzustellen und Vorschläge für den Umgang mit diesen zu unterbreiten.

Der Ausschuss hat 2020 beispielsweise folgende grenzüberschreitende Themen ermittelt und sich mit ihnen beschäftigt:

  • Übernahme und Rückerstattung von Kosten für die Gesundheitsversorgung
  • Ausbildung
  • Marathons
  • Schulausflüge
  • gegenseitige Anerkennung der deutschen Umweltplakette und der französischen Crit’Air Vignette
  • Steuerfragen in Bezug auf Arbeitsrecht

Die Coronakrise stellte die Relevanz dieses Ausschusses unter Beweis, der die Kommunikation und die Koordinierung zwischen den deutschen und französischen Regionen angesichts der Pandemie erleichterte.

Die Zukunft der grenzüberschreitenden Gebiete vorbereiten

Die „Collectivité européenne d’Alsace“

2021 wird die „Collectivité européenne d’Alsace“ (dt.: europäische Gebietskörperschaft Elsass) geschaffen. Unter Beachtung der Zuständigkeiten des Regionalrats Grand Est und der Eurometropole Straßburg wird diese Gebietskörperschaft mit der Erarbeitung eines elsässischen Modells für grenzüberschreitende Zusammenarbeit beauftragt.
Diese neue Einheit wird die Zuständigkeiten der zwei elsässischen Departements übernehmen und für einen Teil der Organisation des Tourismus auf seinem Gebiet verantwortlich sein. Außerdem wird sie für Zweisprachigkeit innerhalb des Bildungssystems werben (Deutsch und elsässische Dialekte).

Ein Projekt für das Gebiet um Fessenheim

Der Vertrag von Aachen sieht ebenfalls ein gemeinsames Projekt zur Nachnutzung des Gebiets rund um das AKW Fessenheim vor. Bei dem Vorhaben geht es um die Schaffung eines deutsch-französischen Wirtschafts- und Innovationsparks und Projekte in den Bereichen grenzüberschreitende Mobilität, Energiewende sowie Innovation.

Neben den Modalitäten der eigentlichen „grenzüberschreitenden Zusammenarbeit“ ist jedes Land der Europäischen Union zudem mit den Schwierigkeiten der Berücksichtigung der Besonderheiten in Bezug auf Grenzregionen konfrontiert. Hinzu kommt außerdem eine neue Herausforderung, die darin besteht, die grenzübergreifende Dimension kontinuierlich in die nationalen Analyse- und Entscheidungsprozesse einzubeziehen.

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit: eine europäische Priorität

Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist eine wichtige Voraussetzung für die Fortsetzung der europäischen Integration und gilt damit als eine europäische Priorität. Die INTERREG-Projekte zielen seit 2007 auf die Förderung von Austausch und die Ermittlung des in den Grenzregionen noch ungenutzten Potenzials für Wirtschaftswachstum ab.
Darüber hinaus hat die Europäische Kommission im Mai 2018 einen innovativen Vorschlag für die Schaffung eines Mechanismus zur Überwindung rechtlicher und administrativer Hindernisse in einem grenzübergreifenden Kontext („Europäische grenzübergreifende Verpflichtung“) vorgebracht.