Der deutsch-französische Kooperationsvertrag von Aachen

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Der Vertrag von Aachen über die deutsch-französische Zusammenarbeit und Integration

Anlässlich des 56. Jahrestags des Elysée-Vertrags unterzeichneten der Präsident der Französischen Republik und die deutsche Bundeskanzlerin am 22. Januar 2019 in Aachen einen neuen Vertrag über die deutsch-französische Zusammenarbeit und Integration.
Genau ein Jahr nach seiner Unterzeichnung ist der Vertrag von Aachen am 22. Januar 2020 in Kraft getreten.

Seit Januar 2020 setzen Frankreich und Deutschland den Vertrag von Aachen um und haben bereits 2019 15 prioritäre Vorhaben erarbeitet, für deren Überwachung der Deutsch-Französische Ministerrat zuständig ist.
Im Mai 2021 brachten die beiden Staaten im Zuge des Deutsch-Französischen Ministerrats ihren Wunsch zum Ausdruck, diese Dynamik fortzuführen und beschlossen den Start von 13 weiteren Projekten der Zusammenarbeit zu ergänzenden und vertiefenden Themen des Vertrags.

Die ersten 15 prioritären Vorhaben in Umsetzung des Vertrags von Aachen

1. Stärkung der Zusammenarbeit im VN-Sicherheitsrat anlässlich des zweijährigen Mandats Deutschlands als nichtständiges Mitglied im Sicherheitsrat 2019 und 2020.

Dieses Vorhaben ermöglichte insbesondere die gegenseitige Abstimmung zwischen dem französischen und dem deutschen Vorsitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. So riefen die Außenminister Frankreichs und Deutschlands im April 2019 die Allianz für den Multilateralismus ins Lebens, die alle von der wichtigen Bedeutung der Zusammenarbeit für die internationale Stabilität überzeugten Länder zusammenbringen soll und seither neun Mal zusammengetreten ist.

2. Schaffung von vier integrierten Deutsch-Französischen Kulturinstituten (Rio de Janeiro, Palermo, Erbil, Bischkek) und räumliche Zusammenlegung von fünf französischen und deutschen Instituten (Cordoba, Atlanta, Glasgow, Minsk, Ramallah). Das erste deutsch-französische Kulturinstitut „Kultur Ensemble“ wurde im Juni 2021 in Palermo eröffnet und bietet insbesondere Workshops für Künstler in Residenz an.

3. Schaffung einer deutsch-französischen digitalen Plattform für audiovisuelle Inhalte und Informationsangebote.
2020 wurden mehrere gemeinsame Projekte von französischen und deutschen audiovisuellen Akteuren ins Leben gerufen, darunter „The European Collection“ von ARTE und weiteren öffentlichen Sendern aus Frankreich, der Schweiz und Deutschland, in der audivisuelle Inhalte und hochwertige Dokumentationen angeboten werden, und die Informationsplattform „ENTR“, die jungen Europäerinnen und Europäern zwischen 18 und 34 Jahren seit Sommer 2021 in den sozialen Netzwerke zur Verfügung steht und Gesellschaftsdebatten anfachen soll.

4. Ausbau von Mobilitätsprogrammen, zum Beispiel im Rahmen des Deutsch-Französischen Jugendwerks (DFJW), insbesondere für Jugendliche mit besonderem Förderbedarf, Praktikanten und Auszubildende, sowie Vorgabe messbarer Ziele. Vor dem Hintergrund, dass zwischen 2020 und 2022 aufgrund der Pandemie deutlich weniger Mobilitätsprogramme stattfinden konnten, hat das DFJW Digital- und Hybridformate ausgebaut und einen Plan für den Zeitraum 2021-2023 entwickelt, um die Jugend- und Schulaustausche nach der Pandemie wiederaufzunehmen.

5. Einrichtung eines gemeinsamen Bürgerfonds zur Förderung gemeinsamer Projekte zivilgesellschaftlicher Akteure, zum Beispiel Bürgerinitiativen und Städtepartnerschaften.
Seit seiner Schaffung im April 2020 wurden durch den Deutsch-Französischen Bürgerfonds über 470 deutsch-französische Bürgerprojekte (allein 369 im Jahr 2021) finanziert. 70 % dieser Projekte wurden von französischen und deutschen Vereinen getragen und die Hälfte fand im Rahmen von Städtepartnerschaften statt.

6. Einrichtung eines Ausschusses für grenzüberschreitende Zusammenarbeit zur Entwicklung einer gemeinsamen Strategie, um prioritäre Projekte zu ermitteln, Probleme in Grenzregionen aufzuzeigen und Lösungsvorschläge für diese zu unterbreiten.
Seit seiner Konstituierung am 22. Januar 2020 und damit am Tag des Inkrafttretens des Vertrags hat sich der Ausschuss für grenzüberschreitende Zusammenarbeit stark dafür eingesetzt, die grenzüberschreitende Koordinierung während der Gesundheitskrise aufrechtzuerhalten und zu verstärken. Seit 2021 verfügt er über ein ständiges Sekretariat in Kehl und hat beim letzten Deutsch-Französischen Ministerrat am 31. Mai 2021 Empfehlungen zur Verbesserung des Alltags der Bewohnerinnen und Bewohnern der deutsch-französischen Grenzregion abgegeben.

7. Gemeinsame Entwicklung eines Projekts zur Nachnutzung des Gebiets rund um das AKW Fessenheim nach dessen Stilllegung, im Rahmen eines deutsch-französischen Wirtschafts- und Innovationsparks; Projekte im Bereich der grenzüberschreitenden Mobilität, Energiewende sowie Innovation.
Nach der Stilllegung des AKW Fessenheim im Juni 2020 wird derzeit eine gemeinsame Machbarkeitsstudie bezüglich der Ansiedlung innovativer Aktivitäten für die Energiewende durchgeführt.

8. Verbesserung grenzüberschreitender Bahnverbindungen, zum Beispiel: Colmar-Freiburg durch den Wiederaufbau der Rheinbrücke in Abhängigkeit der Ergebnisse der laufenden Machbarkeitsstudie, Verbindung zwischen Straßburg und Flughafen Frankfurt sowie Straßburg und der Pfalz, Verbindung zwischen Saarbrücken und Paris.

9. Stärkung der Zusammenarbeit im Rahmen der bestehenden bilateralen hochrangigen Formate zu Energie und Klima, insbesondere zu den jeweiligen nationalen Energie- und Klimaplänen, mit dem Ziel, sich über die mögliche Entwicklung des Energiemixes auszutauschen, die Möglichkeit für ein gemeinsames deutsch-französisches Kapitel in diesen Plänen zu erörtern und Entwicklungsanreize für die Erreichung nationaler Ziele im Hinblick auf die Energiewende auszuloten.
Mit der am 18. Mai 2020 angekündigten deutsch-französischen Initiative zur wirtschaftlichen Erholung Europas nach der Coronakrise wurde die gemeinsame Unterstützung des europäischen Grünen Deals bekräftigt und auf die Bedeutung der Energiewende hingewiesen und somit ein wichtiger Beitrag zu dessen Umsetzung und zur europäischen Zielsetzung im Bereich des Klimawandels geleistet.

10. Einrichtung eines deutsch-französischen Forschungs- und Innovationsnetzwerks („virtuelles Zentrum“) für Künstliche Intelligenz auf Basis der bestehenden Strukturen beider Länder.
Das Forschungs- und Innovationsnetzwerk wurde im Frühjahr 2020 eingerichtet. Zwei Förderausschreibungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz wurden erfolgreich auf den Weg gebracht, und zwar im Oktober 2020 im Bereich Forschung, dotiert mit 10 Mio. Euro, und im Februar 2021 im Bereich Forschung und Entwicklung, in Höhe von 20 Mio. Euro. Die erste Ausschreibung konnte mit 152 eingereichten Vorschlägen, 21 geförderten Projekten und dem Start einiger Vorhaben im Sommer 2021 einen großen Erfolg verzeichnen.

11. Zusammenarbeit in der Raumfahrt anhand von drei Schwerpunktbereichen: Förderung einer gemeinsamen Strategie für ein innovativeres Europa im Bereich neue Weltraumwirtschaft; Zusammenarbeit zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Weltraumindustrie, insbesondere durch optimale industrielle Rahmenbedingungen; Konsolidierung des unabhängigen europäischen Zugangs zum Weltraum durch Investitionen in Forschung und Entwicklung, Rationalisierungen in der Industrie und Vorrang für europäische Trägerraketen.
Die Raumfahrt ist einer der vier Sektoren, die vom französischen Staatspräsidenten und der deutschen Bundeskanzlerin als maßgeblich für die wirtschaftliche Erholung Europas eingestuft wurden. Im Sommer 2021 wurde ein deutsch-französisches Abkommen geschlossen und mehrere Kooperationen sind derzeit in diesem strategischen Sektor in Gang.

12. Einsatz für ethische Leitlinien für neue Technologien und gemeinsame Werte in den Bereichen Digitalisierung und Digitale Gesellschaft auf internationaler Ebene.
Die Abstimmung zwischen Frankreich und Deutschland wurde auf Ebene der Botschafter für die Digitalisierung und insbesondere im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft fortgesetzt. Durch die Unterzeichnung der „Berliner Erklärung zur Digitalen Gesellschaft und zur wertebasierten digitalen Verwaltung“ am 8. Dezember 2020 konnten die wichtigsten Grundsätze für den digitalen Wandel des Staates festgelegt werden. Die Vereinbarung, die im Dezember 2020 unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft bezüglich der geplanten europäischen Verordnung zur Bekämpfung von terroristischen Online-Inhalten getroffen wurde, ist ein weiterer Schritt in diesem Unterfangen, ebenso wie die beim Ministerrat der Europäischen Union Ende 2021 erzielten allgemeinen Leitlinien bezüglich der geplanten europäischen Verordnungen in den Bereichen Digitalmärkte (Digital markets act) und digitale Dienstleistungen (Digital services act), die 2022 angenommen werden dürften.

13. Einrichtung einer Expertengruppe im Bereich Soziales, die auch die Sozialpartner umfasst, zur „Zukunft der Arbeit“.
Die Expertengruppe zum Thema „Zukunft der Arbeit“ wurde im Oktober 2019 in Paris eingerichtet. Seit ihrer Gründung ist sie vier Mal zusammengetreten und hat den Austausch von bewährten Verfahren, insbesondere im Bereich der Aus- und Weiterbildung, ermöglicht.

14. Zusammenarbeit im Bereich der Finanzdienstleistungen und Finanzmärkte auf EU-Ebene, mit dem Ziel, sich gemeinsam für hohe Regulierungsstandards, auch für den Bereich nachhaltiges Finanzwesen, einzusetzen.
Frankreich und Deutschland arbeiten bezüglich der Finanzmarktunion eng zusammen und tauschen ich weiterhin regelmäßig über das nachhaltige Finanzwesen aus.

15. Einrichtung eines deutsch-französischen Zukunftswerks als Dialogforum für Transformationsprozesse in unseren Gesellschaften.
Seit der ersten Sitzung seines Lenkungskreises am 7. Juli 2020 beschäftigt sich das deutsch-französische Zukunftswerk mit dem ökologischen Wandel und der wirtschaftlichen und sozialen Resilienz. Zu diesen beiden Themen soll es im Frühjahr 2022 Empfehlungen abgeben. Im Rahmen seines zweiten Themenzyklus wird das Zukunftswerk während des zweiten Halbjahrs 2022 seine Arbeiten zum ökologischen Wandel fortsetzen und sich mit den Themen Raumordnung und Stadtplanung befassen.

Ergänzung und Vertiefung der deutsch-französischen Zusammenarbeit
Beim Deutsch-Französischen Ministerrat am 31. Mai 2021 haben die beiden Staaten ihren Wunsch zum Ausdruck gebracht, ihre Zusammenarbeit zu ergänzen und zu vertiefen. Sie beschlossen, zusätzlich zu den fünfzehn prioritären Vorhaben dreizehn neue Projekte der Zusammenarbeit auf den Weg zu bringen
:

1. Eine Strategie zur Förderung der Partnersprache entwickeln.

2. Gemeinsam einen Beitrag zur Konferenz über die Zukunft Europas leisten, indem sie eine deutsch-französische Dimension hinzufügen.

3. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe zu Geschlechtergleichheit, Familie und sozialem Zusammenhalt ins Leben rufen.

4. An einer engeren Partnerschaft mit Afrika arbeiten, sowohl auf Handelsebene, im Kampf gegen den Klimawandel als auch zur Unterstützung der Sahelstaaten.

5. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit weiter stärken, auch durch die Arbeit des Deutsch-Französischen Ausschusses für grenzüberschreitende Zusammenarbeit, anhand eines Expertendialogs, um Krisenmanagement und Krisenprävention im Gesundheitsbereich in den Grenzregionen zu verbessern, und
der Einführung einer gemeinsamen Erhebung von Daten zur Lebenssituation in den Grenzregionen, um die grenzüberschreitende Politikgestaltung zu verbessern.

6. Ein deutsch-französisches Netzwerkprogramm für junge Führungskräfte entwickeln, in enger Zusammenarbeit mit Partnern aus der Zivilgesellschaft und dem Privatsektor.

7. Zusammenarbeiten, um der Opfer der beiden Weltkriege an zusätzlichen Orten zu gedenken.

8. Den bilateralen Dialog weiter stärken, um die Frage des Kurzarbeitergelds von Grenzgängern zu lösen, im Hinblick auf die Erhaltung der Ansprüche dieser Arbeitskräfte.

9. Zusammenarbeiten, um eine Gemeinsame Arbeitsgruppe zu einem digitalen Euro einzurichten, an der die EZB, die Mitgliedstaaten und die Kommission beteiligt sind.

10. Nachtzugverbindungen zwischen Deutschland und Frankreich, auch zwischen Berlin und Paris, einrichten, im Rahmen der TransEuropExpress-Strategie. Dieses Projekt soll bis Ende 2023 abgeschlossen werden.

11. In enger Abstimmung die paneuropäische Industriekooperation weiterentwickeln und Anreize für private Investitionen schaffen, auch mit Bezug auf das „IPCEI Wasserstoff“ und die zugehörigen Projekte.

12. Unsere digitale Souveränität stärken, insbesondere im Bereich der Cybersicherheit, anhand von Forschungsprojekten in gemeinsamer Finanzierung.

13. Gemeinsam die Nord-Süd-Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern im Bereich Mathematik fördern, dank der Aufnahme von Deutschland als Mitglied des französischen UNESCO-Kategorie-II-Zentrums CIMPA (Centre International de Mathématiques Pures et Appliquées).

Letzte Änderung: Januar 2022

Hier können Sie den Vertragstext des Aachener Vertrags nachlesen

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