Bilaterale Beziehungen zu der Schweiz

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Bilaterale Beziehungen mit der Schweiz

1. Politische Beziehung und jüngste Besuche

Auf politischer Ebene fanden in den letzten Monaten immer häufiger bilaterale Treffen statt:

Treffen der Staatschefs:

Die Schweiz nahm 2020 als Ehrengast an den Feierlichkeiten zum 14. Juli teil. Auf Einladung des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron reiste der für Gesundheit zuständige Bundesrat und Vorsteher des Eidgenössischen Departements des Innern, Alain Berset nach Paris, um an der Nationalfeier teilzunehmen. Die Eidgenossenschaft wurde bei dieser Gelegenheit für ihre Solidarität mit Frankreich und die Aufnahme von 52 französischen Patienten in seinen Krankenhäusern geehrt.
Zuvor hatte Alain Berset 2018 als Bundespräsident an den Zeremonien am 10. und 11. November 2018 in Paris teilgenommen. Der französische Staatspräsident war anlässlich des Wirtschaftsforums in Davos im Januar 2018 in die Schweiz gereist. Zuvor hatten Emmanuel Macron und der französische Premierminister Edouard Philippe die Bundespräsidentin der Schweiz für 2017, Doris Leuthard am 18. Juli 2017 in Paris empfangen. Der Staatsbesuch von François Hollande am 15. und 16. April 2015 war der dritte seit 1910, nach dem von Jacques Chirac im Jahr 1998 und dem von François Mitterrand im Jahr 1983.

Treffen der Außenminister:

Jean-Yves Le Drian stattete am 16. November 2020 einen offiziellen Besuch in Bern ab, wo er mit seinem Amtskollegen Ignazio Cassis zusammenkam und ebenfalls die Bundespräsidentin für 2020, Simonetta Sommaruga traf. Die Außenminister Le Drian und Cassis waren zuvor im März 2020 in Paris und am 24. August 2018 in Bern zusammengekommen. Ein vorheriges Treffen hatte am 19. Dezember 2017 in Paris stattgefunden.
Davor konnten mit den Gesprächen zwischen den Außenministern Laurent Fabius und Didier Burkhalter am 6. September 2012, 9. Februar 2014 und 21. Januar 2015 erhebliche Fortschritte hinsichtlich Steuer- und Bankfragen erzielt werden. Am 23. März 2017 führten Herr Ayrault und Herr Désir mit Herrn Burkhalter in Paris Gespräche. Bei dieser Gelegenheit unterzeichneten Herr Désir und Herr Burkhalter ein zwischenstaatliches Abkommen über das am Flughafen Basel-Mülhausen (EuroAirport) anwendbare Steuerrecht, das am 28. Dezember 2017 in Kraft trat.

Treffen der Staatssekretäre und beigeordneten Minister

Am 1. April 2021 reiste Franck Riester, beigeordneter Minister für Außenhandel und Standortförderung, nach Genf. Jean-Baptiste Lemoyne, Staatssekretär beim Minister für Europa und auswärtige Angelegenheiten, begab sich am 26. Juni 2020 auf Einladung des Bundesrats und Vorsteher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten, Ignazio Cassis in die Schweiz.

Treffen der Verteidigungsminister

Florence Parly reiste am 22. März 2021 nach Bern und kam mit ihrer Amtskollegin Viola Amherd (Rafale-Interessenten) zusammen. Die beiden Ministerinnen hatten sich zuvor am 18. Oktober 2019 in Paris getroffen. Ein vorheriges Treffen zwischen Frau Parly und ihrem damaligen Amtskollegen Guy Parmelin hatte am 3. September 2018 in Bern und anschließend zur Unterzeichnung eines zwischenstaatlichen Abkommens am 23. November 2018 in Paris stattgefunden. Zuvor waren die französische Ministerin und ihr schweizerischer Kollege am 30. Oktober 2017 in Paris und am 16. Februar 2018 in München zusammengekommen.

Treffen der Wirtschaftsminister: Bruno Le Maire reiste am 31. März 2021 zu Gesprächen mit dem Bundespräsidenten Guy Parmelin und dem Finanzminister Ueli Maurer nach Bern.

Weitere Informationen über die bilateralen Besuche auf der Website der Französischen Botschaft

2. Wirtschafts- und Handelsbeziehungen

Seit 2010 nimmt der französische Export von Gütern in die Schweiz sehr dynamisch zu, erreichte 2019 einen Rekordwert (insbesondere aufgrund der Lieferung der zwei Schiffe STX und MSC mit einem Gesamtwert von 1,5 Mrd. Euro), bevor er 2020 im Kontext des Rückgangs des Welthandels im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie auf 14,4 Mrd. Euro sank (sprich -19 % im Jahresvergleich gegenüber -16 % für die gesamten französischen Exporte weltweit). Die französischen Einfuhren aus der Schweiz (12,9 Mrd. Euro im Jahr 2020) waren im Laufe der letzten fünf Jahre jedoch deutlich weniger dynamisch. Nach einem außergewöhnlichen Hoch im Jahr 2019 sank der Handelsüberschuss Frankreichs gegenüber der Schweiz wieder auf sein Niveau der Jahre 2016-2018, bevor er 2020 auf 1,5 Mrd. Euro anstieg. Das bedeutendste Exportwachstum verzeichneten Arzneimittel (+37 %), diverse chemische Erzeugnissen (+11 %) und Kulturprodukte (+5 %). Es handelt sich dabei um den viertgrößten bilateralen Handelsüberschuss 2020 weltweit und den zweitgrößten in Europa.

Frankreich war es seit 2010 allgemein gelangen, seine Marktanteile in der Schweiz aufrechtzuerhalten, die vor der Covid-19-Krise sogar eine Tendenz nach oben aufzeigten. 2020 sanken die Marktanteile jedoch deutlich (auf 6 %). Erstmals haben die Marktanteile Chinas die von Frankreich übertroffen.

Die Ausfuhren von Dienstleistungen in die Schweiz (18,4 Mrd. Euro im Jahr 2019) befinden sich auf dem gleichen Niveau wie die der Güter. So erreichten die gesamten französischen Exporte von Gütern und Dienstleistungen in die Schweiz den Angaben der Banque de France nach ein Rekordniveau in Höhe von 33,4 Mrd. Euro und der gesamte bilaterale Überschuss belief sich auf etwas mehr als 10 Mrd. Euro (und war damit der dritthöchste mit unseren Partnern in der Welt).

3. Zusammenarbeit in den Bereichen Kultur, Wissenschaft und Technik

Unsere Zusammenarbeit mit der Schweiz fügt sich in einen besonderen Kontext ein: Für die Bereiche Kultur, Bildung, Wissenschaft und Hochschulbildung sind größtenteils die 26 Kantone, die in Sachen Zuständigkeit und Finanzierung eine vorherrschende Rolle spielen, die Städte (50 % der Finanzierungen im Kulturbereich) und die Privatwirtschaft (71 % der FuE) zuständig.

Die Schweizerische Eidgenossenschaft ist sehr aktiv im Bereich der Forschung und Entwicklung, für den sie 3,4 % ihres BIP aufwendet. Ihre Forschung gilt als eine der leistungsfähigsten weltweit. Die schweizerisch-französische Zusammenarbeit nimmt verschiedene Formen an:

  • Im Bereich der wissenschaftlichen Co-Publikationen ist Frankreich der drittwichtigste Partner der Schweiz (nach den Vereinigten Staaten und Deutschland).
  • Die beiden Staaten sind die Standortländer der Europäischen Organisation für Kernforschung (CERN), die eins der größten und renommiertesten wissenschaftlichen Labore der Welt und das erste europäisches Forschungslabor für Teilchenphysik ist. Ihr LHC (Large Hadron Collider) ist der derzeit größte und leistungsstärkste Teilchenbeschleuniger der Welt. Um diesen Vorsprung beizubehalten, wird aktuell ein neues Projekt (FCC, Future Circular Collider) geprüft.
  • Die Schweiz ist weltweit das siebte Zielland für Forschungsaufenthalte der Forscherinnen und Forscher des französischen Zentrums für wissenschaftliche Forschung CNRS (CERN ausgenommen). Das CNRS unterhält gemeinsam mit der Schweiz seit 2001 ein europäisches Forschungsprogramm Laboratoire européen associé (LEA) für Mikrotechnik, dem etwa zehn französische und schweizerische Forschungsinstitute angehören.
  • Nahezu alle französischen Forschungseinrichtungen stehen im Kontakt mit Schweizer Einrichtungen: Das Nationale Institut für Gesundheit und medizinische Forschung INSERM ist mit etwa 315 Partnerschaften die bedeutendste Forschungseinrichtung (die Schweiz ist ihr sechstwichtigster Partner weltweit), wobei INRA (Nationales Institut für Agrarforschung), IFREMER (französische Forschungseinrichtung für die Nutzung der Meere), INRIA (Nationales Forschungsinstitut für Informatik und Automatisierung), das Institut Pasteur und das französisches Raumfahrtforschungszentrum (CNES) ebenfalls nennenswert sind.

Da die Schweiz für die französischen Kultur- und Kreativwirtschaft (in erster Linie in den Bereichen Film, Literatur, Kunst, Videospiele und visuelle Künste) ein wichtiger Markt ist, unterstützt die Auslandsvertretung mit ihren Projekten zahlreiche Kultureinrichtungen und -festivals zur Förderung des französischen Schaffens. Aufgrund des Rückgangs der französischen Sprache in der deutschsprachigen Schweiz – und das obwohl diese eine der Landessprachen ist – wurden darüber hinaus in diesem Teil des Landes zahlreiche Projekte für den Schul- und Hochschulsektor entwickelt (Verbreitung der kulturellen Plattform Culturethèque, Einrichtung des Netzwerks LabelFranceEducation usw.). Mit der Schaffung eines Partnernetzwerks, das über die acht nicht vertraglich gebundenen Alliances françaises in der Schweiz hinausgeht, wird angestrebt, auch ein anderes Publikum anzusprechen. Des Weiteren hat die Leiterin der Kulturabteilung der Französischen Botschaft den Vorsitz der Fondation Esprit Francophonie inne, welcher für die Vergabe der Delf/Dalf Sprachdiplome in den verschiedenen Kantonen zuständig ist (10.000 Kandidaten pro Jahr, wodurch die Schweiz gemessen an der Teilnehmerzahl weltweit auf Platz 9 und gemessen an den Einnahmen des internationalen Zentrum für pädagogische Studien (CIEP) auf Platz 2 steht).

Die Tätigkeiten dieser Stiftung werden durch das Netz der AEFE vervollständigt, welches fünf staatlich anerkannte Bildungseinrichtungen (Genf, Lausanne, Basel, Bern, Zürich), darunter zwei vertraglich gebundene, umfasst. Das lycée français Marie Curie in Zürich wurde mit seinen nahezu 1 000 Schülerinnen und Schülern 2016 an einem Standort zusammengelegt, während die internationale französische Schule in Bern (90 Schülerinnen und Schüler) ab dem 1. September 2021 an einem neuen Standort untergebracht wird, der ihr Wachstumsaussichten und passendere Aufnahmemöglichkeiten ermöglicht.

Nachdem die Schweiz 1989 auf dem Gipfeltreffen in Dakar Vollmitglied der Frankophonie geworden war, trat sie 1996 der Agence universitaire de la Francophonie bei. Ebenfalls unterstützt sie die internationale Allianz für den Schutz des Kulturerbes in bewaffneten Konflikten ALIPH (Alliance internationale pour la protection du patrimoine dans les conflits armés), die auf Initiative von Frankreich und den Vereinigten Arabischen Emiraten ins Leben gerufen wurde, sich im März 2017 durch die Schaffung einer privatrechtlichen Stiftung in Genf konkretisierte und den Status einer internationalen Organisation erlangte.

4. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit

Vor dem Hintergrund, dass die beiden Länder über eine 570 km lange Grenze verfügen, ist die grenzüberschreitende Zusammenarbeit ein wesentlicher Bestandteil der Beziehung zwischen der Schweiz und Frankreich. Diese Zusammenarbeit betrifft 10 Schweizer Kantone (und damit die Hälfte der Bevölkerung); auf der französischen Seite grenzen drei Regionen an die Schweiz (Auvergne-Rhône-Alpes, Bourgogne-Franche-Comté und Grand Est), die 47 % des bilateralen Handelsvolumen ausmachen, wobei die Region Grand-Est mit 20,3 % an erster Stelle steht, gefolgt von den Regionen Auvergne-Rhône-Alpes (18,6 %) und Bourgogne-Franche-Comté (8,1 %). Des Weiteren pendeln etwa 190.000 französische Grenzgänger täglich zum Arbeiten in die Schweiz. Diese Realität hat mit der Gesundheitskrise eine besondere Dimension angenommen, da Frankreich ebenso wie die Schweiz sich dazu entschlossen hatte, die grenzüberschreitende Mobilität innerhalb dieses gemeinsamen Lebensraums aufrechtzuerhalten. Auch hat die Schweiz im Frühjahr 2020 etwa fünfzig französische Covid-Patienten in seine Krankenhäuser aufgenommen.

Trotz seiner Intensität ist der grenzüberschreitende Austausch aufgrund der Vielseitigkeit der Themen und der unterschiedlichen Zuständigkeitsaufteilungen zwischen dem Staat und den verschiedenen lokalen Gebietskörperschaften in Frankreich und der Schweiz sehr komplex.

Der institutionelle Teil der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit beruht auf einem umfassenden Rechtsrahmen, dem 1996 zwischen Frankreich, Deutschland, Luxemburg und der Schweiz unterzeichneten Karlsruher Übereinkommen und drei Nachbarschaftsabkommen, auf deren Grundlage Kommissionen für das Grenzgebiet zwischen Frankreich und Genf, das Gebiet des Oberrheins und den Jurabogen eingerichtet wurden. Jedes Jahr wird ein französisch-schweizerischer politischer Dialog über grenzüberschreitende Themen abgehalten. Zuletzt fand dieser am 24. März 2021 statt (unter schweizerischem Vorsitz).

II. Die Schweiz und die EU

Die im Herzen Europas liegende Schweiz gründete 1960 die Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA). Am 16. Juni 2016 zog die Schweiz ihren Antrag auf Beitritt zur Europäischen Union zurück. (Diesen Antrag hatte sie im Mai 1992 gestellt, er wurde jedoch durch den negativen Ausgang der Volksabstimmung vom 6. Dezember 1992 über den Beitritt zum EWR hinfällig.) Sie ist demnach weder Mitglied der Europäischen Union (EU), noch des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) und bevorzugt hingegen den „bilateralen Weg“, sprich das komplexe Gefüge von über 120 Übereinkünften, darunter die „bilateralen Verträge I“ aus dem Jahr 1999 und die „bilateralen Verträge II“ aus dem Jahr 2004. Dadurch hat sie die Möglichkeit, an europäischen Kooperationen auf einer von Fall zu Fall ausgehandelten Grundlage teilzunehmen und von der Öffnung der Märkte zu profitieren, ohne dabei ihre Besonderheiten aufzugeben.

Infolge der Volksabstimmung gegen die sogenannte „Masseneinwanderung“ am 9. Februar 2014 wurde der neue Artikel 121a in die Bundesverfassung der Schweiz aufgenommen. Dieser sieht vor, dass die Zahl der Bewilligungen für den Aufenthalt von Ausländern in der Schweiz durch jährliche Höchstzahlen und Kontingente begrenzt wird. Dieser Artikel widerspricht dennoch dem Personenfreizügigkeitsabkommen (FZA), das 1999 von der Schweiz und der EU unterzeichnet wurde und 2002 in Kraft trat. Da er aufgrund der sogenannten „Guillotine-Klausel“ ebenfalls weitere bilaterale Abkommen gefährdete, nahm die schweizerische Bundesversammlung am 16. Dezember 2016 ein Durchführungsgesetz an, gemäß dem die EU-Bürger von den Migrationsquoten ausgeschlossen werden, bei hoher Arbeitslosenquote die öffentlichen Arbeitsverwaltungen in der Schweiz jedoch über eine zeitlich befristete Monopolstellung bezüglich der Informationen über freie Stellen verfügen, um so diejenigen Arbeitssuchenden zu bevorzugen, die bei ihr gemeldet sind. Die Verordnungen zur Anwendung dieses Gesetzes wurden am 8. Dezember 2017 angenommen, sodass sie im Juli 2018 in Kraft treten können.

Um die Beziehungen zwischen der EU und der Schweiz nach diesen Ereignissen neu zu beleben, formulierte die EU zur Fortsetzung der Gespräche in den Schlüsselbereichen der bilateralen Zusammenarbeit eine „positive Agenda“.
Seit 2012 koppelt die EU den Abschluss eines neuen Abkommens mit der Schweiz über den Zugang zum Binnenmarkt an den Abschluss eines institutionellen Abkommens. Kürzlich erörterte die schweizerische Regierung den Stand der Beziehungen Schweiz-EU und bekräftigte ihre Bereitschaft, mit den laufenden Verhandlungen zügig voranzuschreiten. Die schweizerische Regierung möchte in erster Linie die Gespräche über die Beilegung von Streitigkeiten auf Grundlage einer Schiedsgerichtsbarkeit fortsetzen, wie vom Präsidenten der Europäischen Kommission am 23. November letzten Jahres bei seinem Treffen mit Bundespräsidentin Leuthard in Bern vorgeschlagen wurde.

Die Schweiz bekennt sich zu den zentralen Werten der Europäischen Union: der Einsatz für Demokratie und Menschenrechte, die Ausweitung des humanitären Völkerrechts sowie die Vermittlungsbemühungen in Konfliktsituationen zur Wiederherstellung von Frieden und Sicherheit für die Bevölkerung.

Dementsprechend leistet die Schweiz starke und häufige Beiträge zu verschiedenen Operationen und Missionen im Rahmen der GSVP (EUNAVFOR Atalanta, Militäroperation auf See gegen die Piraterie, zivile Mission EULEX im Kosovo, Operation ALTHEA in Bosnien und Herzegowina usw.). Darüber hinaus zeichnete sich der Beitritt der Schweiz zum Schengen-Raum durch die Abschaffung der Kontrollen an den Landesgrenzen am 12. Dezember 2008 und an den Luftraumgrenzen am 29. März 2009 aus.

Stand : 26.05.2021