Die Pariser Friedenskonferenz vor 100 Jahren - Ein Rückblick anhand unserer diplomatischen Archive (18. Januar 2019)

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Am 18. Januar 1919 wurde in Paris die Friedenskonferenz eröffnet, zu der die Siegermächte des Ersten Weltkrieges zusammenkamen, um die Friedensverträge vorzubereiten. Gleich zu Beginn der Konferenz äußerten die neuen Nationen ihre Bestrebungen nach Autonomie und Unabhängigkeit. Anhand von exklusiven Dokumenten aus unseren diplomatischen Archiven werfen wir einen Blick zurück auf den Beginn der Konferenz.

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Friedensvorbereitungen in Paris, Anfang 1919: Konferenz im Salon de l‘Horloge („Uhrensaal“) des französischen Außenministeriums Quai d‘Orsay. Paris (7. arrondissement)
© Excelsior – L’Equipe/Roger-Viollet

Die Pariser Friedenskonferenz war das Ergebnis aktiver Verhandlungen zwischen den Franzosen - angeleitet von Georges Clemenceau und unterstützt von ihren britischen und italienischen Verbündeten - auf der einen und dem US-amerikanischen Präsidenten Wilson auf der anderen Seite. Ziel war es, diesen „Kongress“ ähnlich wie die großen Kongresse des 19. Jahrhunderts (Wien 1815, Paris 1856 und Berlin 1878), die die Geschichte der internationalen Beziehungen geprägt hatten, zu gestalten, und so schrittweise die multilaterale Diplomatie durchzusetzen.

Die Ziele der Konferenz

Mit der Konferenz sollten die neuen Staatsgrenzen bestimmt, die wichtigsten Grundsätze der internationalen Beziehungen für die Sicherstellung eines dauerhaften Friedens festgesetzt und durch die Festlegung der Grundzüge des neuen Völkerbunds die Grundlagen für eine multilaterale Diplomatie geschaffen werden. Woodrow Wilson rief die Siegermächte zu Kompromissbereitschaft auf und hoffte, dass der von ihm am 8. Januar 1918 vorgelegte 14-Punkte-Plan den Delegationen als Richtlinie dienen würde. In seiner Eröffnungsrede betonte der französische Staatspräsident Raymond Poincaré die Notwendigkeit, einen „Frieden der Gerechtigkeit“ zu schaffen und appellierte an die versammelten Diplomaten, die Träume von Eroberung und Imperialismus zu verbannen.

Die Zeiten, in denen sich die Diplomaten versammeln, um eigenmächtig und in aller Eile die Karte der Reiche neu zu zeichnen, sind vorbei. Sollten Sie die Weltkarte überarbeiten wollen, dann im Namen der Völker und sofern Sie dabei treu deren Gedanken wiedergeben, das Selbstbestimmungsrecht der großen und kleinen Nationen achten und im Einklang mit den ebenfalls unantastbaren Rechten der ethnischen und religiösen Minderheiten vorgehen.

Die Bestrebungen der neuen Nationen nach Unabhängigkeit anhand von Dokumenten aus den diplomatischen Archiven

Die Verkündung des Nationalitätenprinzips diente der Unterstützung der Bestrebungen nach Autonomie und Unabhängigkeit der neuen Nationen, wie Armenien, Persien und Ägypten, die die Konferenz darum baten, ihre Existenz anzuerkennen bzw. ihnen die Bildung von Delegationen zu genehmigen, um so ihren Forderungen Gehör zu verschaffen.

Armenien: Schreiben von Boghos Bedros XIII. Terzian, armenisch-katholischer Patriarch von Kilikien, an Georges Clemenceau (14. Januar 1919)

In diesem Schreiben bat der Patriarch darum, dass die Konferenz „geruht, sich auf möglichst gerechte Art und Weise für das Schicksal der armenischen Nation zu interessieren, und durch die Gewährleistung der Unabhängigkeit deren vollständige Befreiung zu erlangen.“

Ägypten: Schreiben von Saad Zaghlul, Vorsitzender der ägyptischen Delegation, an Georges Clemenceau und schriftliche Darlegung der Forderungen (29. Januar 1919)

In diesem Schreiben protestierte der Delegationsvorsitzende dagegen, seine schriftliche Darlegung der Forderungen bei der Sitzung nicht vorstellen zu können, und bat Clemenceau darum „sich [seinem] Fall bei der Friedenskonferenz offiziell anzunehmen“. Mit der Darlegung der Forderungen sollten die Gründe aufgezeigt werden, aus denen „Ägypten seine Rechte auf eine freie Existenz und eine komplette Unabhängigkeit in ihrer Gesamtheit einfordern [könne].“

Persien: Schreiben von Moshaver al Mamalek, Außenminister von Persien, an Paul Dutasta, Generalsekretär der Konferenz (14. Februar 1919)

Er bat offiziell darum, dass seine Regierung an der Konferenz teilnehmen könne und „sein Antrag dem Konferenzpräsidenten vorgelegt [werde].“

Slideshow -
Slideshow - Perse : Lettre de Mochaverob Memalek, (...)

Teilnehmer der Konferenz

Bereits im November 1918 begann der französische Außenminister aktiv über den Ablauf der Konferenz nachzudenken. Die Liste der Teilnehmer wurde aufgestellt: Wie im Jahr 1815 sollten die an den Verhandlungen teilnehmenden Staaten von Delegationen vertreten werden.

27 Staaten waren vertreten, darunter Frankreich, die Vereinigten Staaten, das Britische Reich, Japan und Italien mit jeweils fünf Vertretern, Belgien, Brasilien und Serbien mit drei Vertretern, China, Griechenland, Hedschas, Polen, Portugal, Rumänien, Siam und die Tschechoslowakei mit zwei Vertretern sowie Kuba, Guatemala, Haiti, Honduras, Liberia, Nicaragua, Panama, Bolivien, Ecuador, Peru und Uruguay mit jeweils einem Vertreter. Die britischen Dominions Australien, Kanada und Südafrika sollten gesondert von Großbritannien durch jeweils zwei Repräsentanten vertreten werden. Gleiches galt für Indien, ebenfalls mit zwei Vertretern. Neuseeland hatte einen Vertreter. Montenegro würde einen Sitz bekommen können, sobald sich seine Lage geklärt habe. Die Frage bezüglich der Vertretung Russlands blieb offen.

Im Gegenzug wurden die Verliererstaaten nicht eingeladen: Über das Schicksal des Deutschen Kaiserreichs, der Österreichisch-Ungarischen Monarchie und des Osmanischen Reichs wurde ohne deren Beisein bestimmt, anders als es für das besiegte Frankreich 1814/15 der Fall war, das durch die Stimme von Talleyrand einen effektiven Einfluss auf die Verhandlungen hatte.

Die Rolle des Außenministeriums

Das Außenministerium stellte nahezu ein Viertel der französischen Delegation und spielte mittels seiner Diplomaten sowohl innerhalb der Entscheidungsorgane der Konferenz als auch in ihren zahlreichen Ausschüssen und Kommissionen eine äußerst aktive Rolle. Neben den bevollmächtigten Delegierten, wie der Diplomat Jules Cambon, der den Ausschuss zur Prüfung der Vollmachten leitete, waren auch Fachberater, Sachverständige für politische, juristische und wirtschaftliche Fragen, an der Konferenz beteiligt.

Den Vorsitz des Generalsekretariats übernahm Paul Dutasta, Botschafter Frankreichs in Bern und politischer Unterstützer von Georges Clemenceau. Dieser war seinerseits gewählter Vorsitzender des Hauptorgans, sprich des Obersten Rats bzw. des „Rats der Vier“, der sich aus Wilson, Llyod George, Orlando und eben Clemenceau zusammensetzte und bereits seit Dezember zur Vorbereitung der Verhandlungen tagte.