Die erzielten Fortschritte seit dem Appell von Christchurch (12. Mai 2021)

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Der Anschlag am 15. März 2019 im neuseeländischen Christchurch wurde von seinem Attentäter vorsätzlich in den sozialen Netzwerken live übertragen. So konnte das Video während mehrerer langer Minuten ausgestrahlt und selbst nachdem es abgebrochen wurde von einem breiten Publikum gesehen werden. Mit diesem verheerenden Anschlag hat das Phänomen der Übertragung von Morden in den sozialen Netzwerken ein nie zuvor gesehenes drastisches Ausmaß angenommen.

Diese Tragödie hat gezeigt, dass die bis dahin von den Unternehmen zur Bekämpfung der Verbreitung terroristischer Inhalte auf ihren Plattformen eingesetzten Mittel nicht ausreichend sind.

Im Bewusstsein dieser Grenzen haben die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern und der französische Staatspräsident Emmanuel Macron am 15. Mai 2019 etwa ein Dutzend Staatschefs und hochrangige Vertreter von Internetfirmen in Paris zusammengebracht. Ziel war der Start des „Appells von Christchurch“ zur Löschung terroristischer und gewaltextremistischer Inhalte im Netz.

Dieser Appell nimmt die Form einer Reihe Verpflichtungen von Staaten, Unternehmen und der Zivilgesellschaft an, um auf wirksamere und koordiniertere Art und Weise gegen terroristische und gewaltextremistische Online-Inhalte vorzugehen, ohne dabei jedoch die Grundwerte des Internets, sprich Transparenz, Offenheit und Schutz der Grundrechte, zu vernachlässigen.

Dank dieser beispiellosen Zusammenarbeit konnten bereits erste bedeutende Fortschritte erzielt werden.

Im September 2019 teilten die neuseeländische Premierministerin und der französische Staatspräsident bei der 74. VN-Generalversammlung in New York nach mehreren Verhandlungsreihen mit den Internetfirmen Folgendes mit:

1. Umstrukturierung und bessere Steuerung des Global Internet Forum to Counter Terrorism (GIFCT) hin zu einer größeren Unabhängigkeit gegenüber den Gründungsunternehmen des Forums (Facebook, Microsoft, Twitter und YouTube);

2. Einrichtung von Arbeitsgruppen innerhalb des umstrukturierten GIFCT zu den Themen der Nutzung des Internets durch Terroristen und Gewaltextremisten zum besseren Verständnis dieses Phänomens, der Bekämpfung von Filterblasen und der Erarbeitung eines gemeinsamen Rahmens für Datenfreigabe unter Achtung des Privatlebens und der Grundrechte der Nutzer;

3. Einführung eines gemeinsamen Krisenprotokolls der Staaten und Unternehmen, das sich auf die Arbeiten von Europol und der Europäischen Kommission stützt, um wirksam und so schnell wie möglich auf Terroranschläge und/oder die virale Verbreitung terroristischer Inhalte im Netz zu reagieren.

Die effektive Umsetzung dieser Ankündigungen wird derzeit fortgesetzt:

• das GIFCT ist nunmehr eine gemeinnützige Organisation, die rechtlich unabhängig von den vier Gründungsunternehmen des Forums ist;

• das Krisenprotokoll wurde mit den Vertreterinnen und Vertretern der Staaten, Unternehmen und der Zivilgesellschaft, die den Appell von Christchurch unterstützen, bei einem zweitägigen, von Google veranstalteten Workshop am 3. und 4. Dezember 2019 in Wellington geteilt und überarbeitet;

• der neue unabhängige Beratungsausschuss wurde offiziell eingerichtet. Dieser Ausschuss setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern von Staaten (Kanada, Frankreich, Neuseeland, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten, Japan und Ghana), der Europäischen Kommission und dem Exekutivdirektorium des Ausschusses der Vereinten Nationen zur Bekämpfung des Terrorismus (UNCTED) sowie 12 zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammen (darunter auf die Bekämpfung von Terrorismus und Gewaltextremismus spezialisierte Organisationen, Verteidiger von Digitalisierung, Meinungsfreiheit und Menschenrechten sowie Akademiker), die den Großteil des Ausschusses ausmachen;

• Das GIFCT hat seinen ersten Exekutivdirektor, Nicolas Rasmunssen eingestellt.

Neben diesen Fortschritten konnte durch den Appell von Christchurch außerdem die Zusammenarbeit zu Themen im Bereich der Bekämpfung terroristischer Online-Inhalte zwischen Frankreich, den Unterstützerstaaten des Appells und den Internetkonzernen verstärkt werden. Zudem wurde so ein neuer Dialog mit der internationalen Zivilgesellschaft auf den Weg gebracht. Zwei Jahre nach seinem Start unterstützen den Appell mittlerweile 54 Staaten, die Europäische Kommission, der Europarat, die UNESCO sowie die größten Online-Dienstleister (Amazon, Facebook, Google, Microsoft, Dailymotion, Twitter, YouTube, Qwant).

Um die Zivilgesellschaft in die Umsetzung der in Paris eingegangenen Verpflichtungen einzubeziehen, haben Frankreich und Neuseeland begonnen, ein Netzwerk der internationalen, zivilgesellschaftlichen Unterstützerorganisationen des Appells von Christchurch auf die Beine zu stellen. Dieses setzt sich aus 47 Organisationen zusammen und wird regelmäßig zur Beratung herangezogen. Es wurde 2020 im Zuge einer großen Konsultation der Unterstützer des Appells von Christchurch befragt, um besser zu verstehen, wie es die Verpflichtungen des Appells umsetzt, und zu ermitteln, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um weitere Fortschritte zu erzielen. Zu den wichtigsten erarbeiteten Themen gehören die Perfektionierung der Reaktion in Krisenzeiten, die Veröffentlichung von Transparenzberichten, die Umsetzung von Maßnahmen zur Abdeckung aller Inhalte der Kategorie terroristischer und gewaltextremistischer Inhalte (TVEC) und die Vergrößerung der Gemeinschaft der Unterstützer des Appells. Diese Themen standen beim Gipfel anlässlich des zweiten Jubiläums des Appells von Christchurch am 14. Mai 2021 im Mittelpunkt.

Es handelt sich bei dem Appell um eine ehrgeizige Initiative. Frankreich wird die Arbeiten, die im Rahmen der eingegangenen Verpflichtungen durchgeführt werden, weiterhin aufmerksam verfolgen. Auch ist Frankreich Mitglied des unabhängigen Beratungsausschusses des umstrukturierten GIFCT (neben den Vereinigten Staaten, dem Vereinigten Königreich, Kanada, Japan, Ghana und Neuseeland).

Das umstrukturierte GIFCT

Das GIFCT ist eine gemeinnützige Organisation, die rechtlich unabhängig von den Gründungsunternehmen ist. Das umstrukturierte GIFCT umfasst:

• einen Verwaltungsrat (Operating Board), der sich aus den vier Gründungsunternehmen (Facebook, Microsoft, Twitter und YouTube) zusammensetzt. Weitere Mitglieder können in diesen Rat aufgenommen werden (kleine Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen). Der Verwaltungsrat ist für die Einstellung des Exekutivdirektors zuständig;

• einen unabhängigen Beratungsausschuss (Independent Advisory Committee, IAC), der sich aus Vertreterinnen und Vertretern von Staaten (Kanada, Frankreich, Neuseeland, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten, Japan und Ghana), der Europäischen Kommission, dem Exekutivdirektorium des Ausschusses der Vereinten Nationen zur Bekämpfung des Terrorismus (UNCTED) sowie 12 zivilgesellschaftlicher Organisationen zusammensetzt;

• ein ständiges Team, das sich aus einem Exekutivdirektor und einem Generalsekretariat zusammensetzt, das damit beauftragt ist, die drei strategischen Säulen des GIFCT (Prävention, Reaktion und Untersuchungen) umzusetzen;

Arbeitsgruppen, die vom Exekutivdirektor auf Grundlage der Prioritäten des Verwaltungsrats und des unabhängigen Beratungsausschusses gebildet werden. Die ersten geplanten Themenbereiche der Arbeitsgruppen sind rechtliche und technische Aspekte, akademische und praktische Forschung, das Krisenprotokoll, die Auswirkung der Algorithmen und die Interventionsmechanismen;

ein jährliches Multi-Stakeholder-Forum zum Austausch von Informationen und bewährten Verfahren zwischen den Staaten, der Zivilgesellschaft und den Unternehmen. Die Teilnehmer erhalten die halbjährlichen Berichte des GIFCT und können sich im Laufe des Jahres mittels Telefonkonferenzen oder Online-Seminaren austauschen.

Der Beitritt zum GIFCT ist kostenlos. Mitglied werden können Unternehmen jeglicher Größe, die sich zu Transparenz und Achtung der Menschenrechte verpflichten.