Der Minister für Europa und auswärtige Angelegenheiten Jean-Yves Le Drian empfängt heute seinen belgischen Amtskollegen Didier Reynders.
Der Minister für Europa und auswärtige Angelegenheiten Jean-Yves Le Drian empfängt heute seinen belgischen Amtskollegen Didier Reynders.
Die Beziehungen zwischen Frankreich und Belgien sind aufgrund der geografischen Nähe, historischer und kultureller Faktoren (40 % der Belgier sind französischsprachig), der engen Verflechtung der beiden Volkswirtschaften und der oftmals übereinstimmenden Analysen besonders eng und konfliktfrei. Unsere beiden Länder stimmen sich regelmäßig hinsichtlich europäischer Fragen, politisch-strategischer Angelegenheiten sowie zum Thema Afrika ab.
Kontakte auf bilateraler Ebene sind häufig, insbesondere am Rande von europäischen Sitzungen und verstärkt seit den Anschlägen in Paris am 13. November 2015 und am 22. März 2016 in Brüssel: Am 1. Februar 2016 fand im Beisein der beiden Premierminister ein bilaterales Gipfeltreffen zur Zusammenarbeit in den Bereichen Sicherheit und Terrorismusbekämpfung statt und am 23. März 2016 reiste der damalige Premierminister Manuel Valls nach Brüssel. Der französische Staatspräsident traf den belgischen Premierminister Charles Michel und König Philippe beim NATO-Gipfel am 25. Mai dieses Jahres in Brüssel und der französische Premierminister reiste am 16. Oktober 2017 nach Brüssel, um vor dem Treffen mit dem Vorsitzenden der Europäischen Kommission ein bilaterales Gespräch mit Charles Michel zu führen. Belgische Könige statteten Frankreich 1961, 1992 und 2003 Staatsbesuche ab. König Phillipe und Königin Mathilde begaben sich außerdem am 6. Februar 2014 im Rahmen ihrer ersten Reise außerhalb der BENELUX-Staaten nach Paris. Die letzten offiziellen bilateralen Staatsbesuche eines französischen Staatspräsidenten in Belgien gehen in die Jahre 1983 (François Mitterrand) und 1997 (Jacques Chirac) zurück.
Aufgrund der geografischen Nähe zwischen Frankreich und Belgien führen die beiden Länder enge Handelsbeziehungen und Belgien machte 2016 6,8 % sowohl der französischen Importe als auch der französischen Exporte aus (68,8 Mrd. €). Belgien ist Frankreichs fünftwichtigster Kunde und Frankreich Belgiens drittwichtigster Lieferant. Das Handelsbilanzdefizit zwischen Frankreich und Belgien ist stabil (-4,3 Mrd. €), obwohl es sich hierbei um ein strukturelles Defizit für Frankreich handelt, da Belgien Transitland für die Gasimporte nach Frankreich ist. Wird der Erdöl- und Erdgassektor jedoch außer Betracht gelassen, liegt ein Handelsbilanzüberschuss von etwa 2,2 Mrd. € zugunsten Frankreichs vor.
2017 führte Frankreich Waren in Höhe von 32,1 Mrd. € nach Belgien aus (Belgien ist das wichtigste Exportland für französische Unternehmen), wobei der Automobilsektor und die Pharmazeutische Industrie besonders betroffen sind. Dennoch nimmt Frankreichs Marktanteil trotz der guten Ergebnisse seit 10 Jahren kontinuierlich ab (9,6 % in 2016, 9,5 % in 2015, 10 % in 2014, gegenüber 10,6 % in 2013 und 10,5 % in 2012), während sich die Marktanteile Deutschlands und der Niederlande auf einem höheren Niveau einpendeln.
Französische Unternehmen sind in Belgien besonders präsent und haben im Energie-, Verkehrs-, Finanz-, Vertriebs- und Telekommunikationssektor eine vorteilhafte Stellung inne, wobei sie besonders in der Landwirtschafts- und Nahrungsmittelindustrie über Spielraum für Leistungssteigerungen verfügen (Belgien ist eines der Zielländer der von Ubifrance unterstützten Kampagne „mieux se nourrir“). Über 1800 französische Unternehmen sind derzeit in Belgien ansässig und beschäftigen etwa 145 000 Personen. Auf der anderen Seite beschäftigen über 2 600 belgische Unternehmen nahezu 125 000 Personen in Frankreich und erzielen einen Umsatz von circa 36,6 Mrd. €.
Die Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Belgien in den Bereichen Kultur, Wissenschaft und Technik ist aufgrund der Nähe der beiden Länder besonders intensiv.
Die wesentlichen Zuständigkeiten in den Bereichen Bildung, Kultur, Sprache, Wissenschaft und Hochschule wurden den Gemeinschaften übertragen, was zu einer Anpassung der französisch-belgischen Zusammenarbeit durch Abkommen mit den Gemeinschaften führte (Abkommen jeweils zwischen Frankreich und der französischsprachigen bzw. flämischen und deutschsprachigen Gemeinschaft in Belgien im Jahr 1999 und 2000). In der Praxis treffen sich die Akteure der Zusammenarbeit der beiden Länder im Bemühen um Wirksamkeit und Pragmatismus so häufig wie möglich.
Die Förderung der Frankophonie und der französischen Sprache ist ein wichtiger Bereich unserer Zusammenarbeit, insbesondere in Flandern und der deutschsprachigen Gemeinschaft (pädagogische Maßnahmen und Ausbildung der Lehrer, Unterstützung bei der Steigerung der Schülerzahlen des Lycée Français d‘Anvers durch die geplante Einrichtung eines bilingualen Zweigs). Ein Regierungsabkommen zwischen dem Flämischen Ministerium für Bildung und Ausbildung und dem französischen Bildungsministerium wurde am 29. Mai 2017 im Lycée Français International d‘Anvers geschlossen und stellt einen äußerst wichtigen Vorteil für die Förderung und den Ausbau der französischen Sprache in Flandern dar. In Brüssel wird der Französischunterricht von der Alliance Française de Bruxelles Europe erteilt, wobei ein Schwerpunkt auf der Ausbildung von EU-Beamten und Diplomaten in der europäischen Hauptstadt liegt.
Aufgrund der gemeinsamen Grenze von 620 km, der 25 000 französischen Grenzgänger, die täglich nach Belgien pendeln und der 5000 belgischen Grenzgänger, die täglich nach Frankreich pendeln, besteht seit Langem eine enge grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen den französischen und belgischen Regionen. Dennoch ist sie kaum sichtbar, in erster Linie, da es keinen echten institutionellen Ort für Austausch über grenzüberschreitende Zusammenarbeit oder Grenzfragen auf zwischenstaatlicher Ebene gibt, wie es beispielsweise mit Luxemburg der Fall ist.
Die Europäische Union spielt durch ihre Kohäsionspolitik bei der Entwicklung einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit eine wesentliche Rolle (im INTERREG-Programm sind 170 Mio. € für den Zeitraum 2014-2020 vorgesehen).
Die dezentralisierte Zusammenarbeit ist äußerst dynamisch, da mehrere Europäische Verbünde für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) bestehen, wobei insbesondere der erste EVTZ in Europa, die Eurometropole Lille-Kortrijk-Tournai, die am 28. Januar 2008 geschaffen wurde, und der seit 2009 bestehende EVTZ Westflandern/Flandern-Dünkirchen-Opalküste erwähnt werden können. 2012 unterzeichneten die Wallonische Region und die Region Champagne-Ardenne eine Erklärung über eine verstärkte Zusammenarbeit in den Bereichen wirtschaftliche Entwicklung, Wettbewerbsfähigkeit und Innovation, Gesundheit, Tourismus, Kultur und Zusammenarbeit mit Drittländern.
Der Zusammenarbeit zwischen den französischen und belgischen Polizei- und Zollbehörden liegt ein Abkommen zugrunde, das am 5. März 2001 unterzeichnet wurde und zur Einrichtung eines Polizei- und Zollkooperationszentrums in Tournai führte. Der belgische und der französische Innenminister unterzeichneten am 18. März 2013 ein weiteres Abkommen, mit dem den gemeinsamen französisch-belgischen Polizeipatrouillen mehr Befugnisse zugesprochen werden sollen (gemeinsame Patrouillen und Befugnis zur Festnahme auf dem jeweils anderen Staatsgebiet).
Was die Gesundheitsversorgung betrifft, wurde in Anschluss an das 2005 in Mouscron unterzeichnete Rahmenabkommen ein grenzüberschreitender Zugang zu den Krankenhäusern der Region eingerichtet. Frankreich und Wallonien schlossen außerdem am 21. Dezember 2011 ein Rahmenabkommen über die Aufnahme von französischen Menschen mit Behinderung in spezialisierten Einrichtungen in Wallonien, das am 1. März 2014 in Kraft trat.
Verbindung Seine-Schelde: Im Rahmen des Vorhabens, eine Verbindung zwischen der Seine und der Schelde zu schaffen, soll das Flussbecken der Seine mit dem Flussbecken der Schelde und das Rhein-Schelde-Delta mit dem Flussbecken des Rheins verbunden werden (der zentrale Teil dieses Vorhabens ist der Bau der 106 km langen Binnenwasserstraße Canal Seine-Nord Europe auf französischem Staatsgebiet). Damit verbundene Arbeiten sind auch in Flandern, Wallonien und Frankreich vorgesehen. Frankreich, Belgien (in dieser Angelegenheit sind sowohl die flämischen als auch wallonischen Behörden zuständig), die Niederlande und Deutschland sind von diesem Projekt betroffen. Die am 24. September 2009 ins Leben gerufene Regierungskonferenzen (RK) ist damit beauftragt worden, dieses Projekt erfolgreich umzusetzen. Am 17. Oktober 2013 unterzeichneten der französische, wallonische und flämische Verkehrsminister im Zuge der TEN-V-Tage in Tallinn eine Verpflichtungserklärung bezüglich des Kanalbaus. Am 26. September 2014 erklärte der damalige Premierminister Manuel Valls, das Projekt zu unterstützen, und setzte als Ziel fest, im Jahr 2017 mit den Bauarbeiten zu beginnen und diese 2023 fertigzustellen. Die Projektkosten werden sich schätzungsweise auf 4,5 bis 4,8 Milliarden Euro belaufen. Das Projekt könnte im Rahmen der Fazilität „Connecting Europe“ (CEF) 2014-2020 mit Hilfe von hohen Fördermitteln der EU finanziert werden. Frankreich, Wallonien und Flandern reichten als Antwort auf die Ausschreibung der Kommission vom 11. September 2014 am 26. Februar 2015 einen gemeinsamen Vorschlag für ein mehrjähriges Projekt ein, für das die Europäische Kommission im Juli 2015 eine Förderung in Höhe von 1 Mrd. Euro genehmigte.
Stand : 11.04.18