Der Amtssitz des Außenministers

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Amtsgebäude für den diplomatischen Dienst

Das Vorhaben eines offiziellen Amtsgebäudes für den diplomatischen Dienst wurde 1845 von François Guizot, Außenminister unter der Julimonarchie, auf den Weg gebracht. Es handelt sich dabei um das erste Amtsgebäude der Französischen Republik, das eigens für die Abteilungen eines bestimmten Ministeriums gebaut wurde. Die Bauarbeiten mussten aufgrund der Revolution 1848 unterbrochen werden und wurden 1855 unter Napoleon III. abgeschlossen.

Bei der Errichtung dieses für den Empfang ausländischer Herrscher und Diplomaten bestimmten Bauwerks wurde der Gestaltung der Fassaden und Innenräume besonderes Augenmerk geschenkt. Die Außengestaltung übernahmen erfahrene Bildhauer, von denen die meisten bereits am Bau oder an der Restaurierung von Kirchen (Kathedrale Notre-Dame de Paris, Saint-Vincent de Paul usw.) oder Schlössern (Blois, Saint-Cloud usw.) beteiligt gewesen waren. Mit der Innenausstattung wurden bekannte Künstler betraut, darunter die Bildhauer Molknecht und Liénard und die Maler Nolau und Hippolyte Adam.

Die Nordfassade

Da das Palais am Seineufer errichtet werden sollte, entschied sich der Architekt, den Eingang entgegen den Gepflogenheiten nicht in den Hauptteil zu legen, um stattdessen den Prunksälen eine herrliche Aussicht auf die Seine zu bieten, zwischen den beiden Brücken Pont Alexandre III und Pont de la Concorde. Die Eingänge wurden also seitlich angebracht, der Haupteingang an der rechten, ein weiterer an der linken Seite, der als Ausfahrt genutzt werden kann, in erster Linie aber der Symmetrie der Fassade dient.
Die hölzernen Basreliefs auf dem Tympanon der fassadenseitigen Eingangstore wurden von Hubert Lavigne gestaltet. Auf ihnen sind der Friedensgenius und der Kriegsgenius abgebildet, die eine Kaiserkrone tragen.

Die Statuen in den Nischen sind von Henri de Triqueti und stellen die vier Kontinente dar. Sie wurden gleich zu Beginn der Bauarbeiten bestellt, jedoch erst 1870 eingesetzt.
Über den Fenstern der ersten Etage sind Marmormedaillons zu sehen, auf denen die Wappen der verschiedenen Mächte angebracht werden sollten. Eine Balustrade im italienischen Stil schließt den Baukörper nach oben hin ab.

Erdgeschoss

Seit dem Bau des Palais hat sich die Nutzung des Erdgeschosses kaum verändert. Laut dem Entwurf des Architekten Jacques Lacornée waren hier der persönliche Beraterstab des Ministers, die Wartesäle, das Sekretariat sowie die Empfangsräume – drei Prunksäle und ein Speisesaal – untergebracht.

Während des Zweiten Kaiserreichs wurden in den Sälen Delegationen empfangen, die zur Teilnahme an internationalen Konferenzen, beispielsweise dem Pariser Kongress im Jahr 1856 zur Beendigung des Krimkriegs, nach Frankreich reisten. Außerdem wurden hier prächtige Empfänge und Konzerte abgehalten.

Erste Etage

Die erste Etage war ursprünglich für den Privatgebrauch des Ministers vorgesehen, diente seit Anfang des 20. Jahrhunderts jedoch als Residenz für Staatsgäste Frankreichs. Lange Zeit hindurch wurden Herrscher, Staatschefs und Premierminister auf Staatsbesuch in Paris in diesen Räumlichkeiten untergebracht. Gekrönte Häupter Englands und Persiens, arabische Emire, aber auch führende westliche Politiker logierten in diesem fürstlichen Ambiente. Bei jedem Besuch eines hohen Gastes wurde das Dekor der Räumlichkeiten an dessen Persönlichkeit angepasst. Doch abgesehen von allfälligen Instandhaltungs- und Restaurierungsarbeiten sowie dem Einbau von Badezimmern im Jahr 1938 anlässlich des Besuchs des britischen Königspaares wurden an dem Gebäude keine wesentlichen Veränderungen vorgenommen. Heutzutage wird die erste Etage für Besprechungen und Empfänge genutzt.

Die königlichen Badezimmer

Die beiden Badezimmer – je eines für den König und die Königin – wurden 1938 anlässlich des Staatsbesuchs des englischen Königs George VI. und der Königin Elizabeth eingebaut.

Diese Bäder waren Teil eines umfassenden Renovierungs- und Modernisierungsprogramms am Amtssitz des Ministers für auswärtige Angelegenheiten. Renovierungsbedürftig waren zu diesem Zeitpunkt sowohl die Fassaden als auch die Innenräume des unter Louis-Philippe errichteten Bauwerks. An den Bauarbeiten, die im März 1938 begannen und etwa fünf Monate andauerten, waren neben dem leitenden Architekten für zivile Gebäude und staatliche Paläste, Pierre Bruneau, und seinem Team tausend Bauarbeiter und 37 Unternehmen beteiligt. Das Projekt unterlag einem engen Zeitrahmen und strengen Auflagen. Die Badezimmer sind das einzige sichtbare Ausstattungselement aus dieser Zeit.

Gestaltet wurden die Badezimmer von Glas- und Mosaikmeister Auguste Labouret. Für das Mobiliar zeichnete der talentierte avantgardistische Innenarchitekt Jacques Adnet verantwortlich, für die Herstellung der Holztäfelungen das Atelier Sain. Dieses schlichte, doch luxuriöse Meisterwerk der Innenarchitektur, das in Paris seinesgleichen sucht, setzt mit seinen Glas- und Spiegelelementen gezielte Akzente, davon zeugen die venezianischen Mosaiken, die geschliffenen und sandgestrahlten Glaspaneele und die Spiegel.

Auch die Farbwahl trägt zum vollendeten, durchdachten Design bei: Gold und Silber spielen auf die chromatische Symbolik der griechischen Mythologie an, die den traditionellen Gegensatz von Sonne und Mond, von Apollo und Artemis, auf abstrakte Weise aufgreift.

Mit der Renovierung der königlichen Badezimmer (2003-2004) wurde der Glanz einer Architektur von transatlantischem Luxus wiederhergestellt, die einer Anthologie der dekorativen Künste der Dreißiger Jahre würdig ist.

Ein Ort der Geschichte und Erinnerung

Im Zuge der Befreiung von Paris 1944 kam es in unmittelbarer Umgebung des Amtssitzes des Außenministers zu heftigen Kämpfen, von denen die vielen, bis heute sichtbaren Einschusslöcher in der Mauer der Rue Esnault-Pelterie sowie die Gedenktafeln und Schilder zu Ehren der Kämpfer zeugen.

Doch der Amtssitz des Ministers für auswärtige Angelegenheiten war auch Schauplatz von Friedensbemühungen. Seit mehr als hundertfünfzig Jahren bildet er den Rahmen wichtiger internationaler Verhandlungen, beispielsweise beim Pariser Frieden von 1856, mit dem der Krimkrieg beendet wurde, oder beim Friedensvertrag von Versailles 1919, mit dem das Ende des Zweiten Weltkriegs besiegelt wurde. Am 9. Mai 1950 hielt der französische Außenminister Robert Schuman hier, im Salon de l’Horloge, seine berühmte Gründungsrede des europäischen Einigungsprozesses; im darauffolgenden Jahr wurde hier der EGKS-Vertrag unterzeichnet und damit der Grundstein des europäischen Aufbauwerks gelegt.