Hochschul- und Wissenschaftskooperation in Afrika

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Der afrikanische Kontinent erlebt einen beispiellosen demografischen Wandel (mit einer Bevölkerung von heute 1,3 Mrd. Menschen, die bis 2050 voraussichtlich auf 2,4 Mrd. ansteigen wird) sowie tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen. Aufgrund der Dynamik der wichtigsten afrikanischen Volkswirtschaften steigt der Bedarf an angemessen ausgebildeten Personen in neuen Wirtschaftssektoren und auf verschiedenen Qualifikationsniveaus.

Unterstützung neuer Formen der Hochschul-, Wissenschafts- und Forschungskooperation in ganz Afrika

Der Stellenwert Afrikas in der globalen Hochschullandschaft und in Bezug auf die Mobilität internationaler Studierender gewinnt rasant an Bedeutung. Die Anzahl afrikanischer Studierender nimmt deutlich zu: Von 9,1 Millionen im Jahr 2020 wird die Zahl den Erwartungen zufolge bis 2027 auf 22 Millionen ansteigen. Ihre Mobilitätsrate liegt aktuell bei 4,5 Prozent, der weltweite Durchschnitt dagegen bei 2,4 Prozent.

Frankreich unterstützt die Entwicklung neuer hochwertiger Ausbildungs- und Studiengänge, um auf die wirtschaftliche Nachfrage einzugehen, die wissenschaftliche Zusammenarbeit zu fördern und zur Ausbildung von Lehrkräften sowie zur Einbeziehung der digitalen Dimension in die Lehrmethoden beizutragen.

Breit gefächerte bilaterale und regionale Kooperationsinstrumente

Der Ausbau von Hochschulpartnerschaften trägt zur gegenseitigen Stärkung der französischen und afrikanischen Hochschuleinrichtungen sowie zur Mobilität der Studierenden und Lehrkräfte bei. Der französische Staatspräsident setzte 2017 das Ziel, bis 2022 die Anzahl der Partnerschaften zwischen französischen und afrikanischen Einrichtungen zu verdoppeln.

Zu diesem Zweck sind die französischen Kooperationsstellen beratend tätig und fördern die Einrichtung von Doppelabschlüssen. Verschiedene Kooperationsinstrumente und -modalitäten werden eingesetzt:

  • Förderung von über vierzig Projekten in den Themenbereichen „Hochschulbildung und Forschung“
    Diese Projekte werden seit 2019 über den Solidaritätsfonds für innovative Projekte, Zivilgesellschaften, Frankophonie und menschliche Entwicklung (FSPI) gefördert. Sie tragen einerseits zur Strukturierung hochwertiger Ausbildungsangebote bei, die der Nachfrage auf dem lokalen Arbeitsmarkt entsprechen, andererseits aber auch zum Ausbau der Kapazitäten der Einrichtungen und des Hochschulpersonals der Partnerländer. So konnte das vom französischen Premierminister im Jahr 2018 gesteckte Ziel, einen Startfonds mit 5 Mio. Euro einzurichten, eingehalten werden.
  • Programm „Partnerschaften mit afrikanischen Hochschulen“
    Dieses Programm wird über die französische Entwicklungsagentur (AFD) finanziert und gemeinsam mit französischen Hochschuleinrichtungen umgesetzt. Im Jahr 2021 wurden im Rahmen der ersten Ausgabe des Programms sieben Projekte mit einem Gesamtvolumen von 20 Mio. Euro ausgewählt, die auf den Ausbau der für die nachhaltige Entwicklung der afrikanischen Länder bedeutendsten Ausbildungsbereiche abzielen. Die zweite Ausgabe des Programms wurde im Januar 2022 an den Start gebracht.
  • Ersuchen der afrikanischen Länder in ihren Ministerien oder Hochschulen eingesetzt werden. Diese Ressourcen tragen zur Stärkung der nationalen Hochschulsysteme in Afrika bei und werden in Abstimmung mit sämtlichen betreffenden Partnern, einschließlich der Mittlerorganisationen der französischen Regierung (französische Entwicklungsagentur, Expertise France, France Education international usw.) eingesetzt.
  • Förderung regionaler universitärer Fachzentren von internationalem Niveau, beispielsweise des Institut National Polytechnique Félix Houphouët-Boigny in Côte d‘Ivoire oder der Hochschul- und Forschungseinrichtung 2iE in Burkina Faso
  • Anregung zu einem Studium in Frankreich mittels der 35 Campus-France-Zweigstellen in den französischen Botschaften in Afrika sowie die schrittweise allgemeine Anwendung des Bewerbungsverfahrens „Etudes en France“
    Frankreich belegt mit 370 000 ausländischen Studierenden im Jahr 2020 (davon 23 Prozent aus Subsahara-Afrika) weltweit Platz sechs der attraktivsten Zielländer für Studienaufenthalte im Ausland und Platz eins unter den nichtenglischsprachigen Ländern.
  • Stipendien der französischen Regierung
    Die Stipendien werden entsprechend der geografischen und strategischen Prioritäten unseres auswärtigen Handelns und der für das Empfängerland interessanten Ausbildungsbereiche gewährt. Etwa ein Viertel der ausländischen Stipendiaten in Frankreich kommen aus Subsahara-Afrika. Frankreich begünstigt Mobilität in beide Richtungen, insbesondere dank eines Pilotprojektes, das nach dem Neuen Afrika-Frankreich-Gipfel im Oktober 2021 ins Leben gerufen wurde.

Einrichtung französisch-afrikanischer Campus

Die Erweiterung des Ausbildungsangebots im Ausland ist ein zentrales Element der internationalen Politik unserer Einrichtungen.
In Anknüpfung an die vom Staatspräsidenten 2017 in Ouagadougou gehaltene Rede unterstützt Frankreich die in Zusammenarbeit mit den afrikanischen Partnereinrichtungen auf die Beine gestellten Initiativen zur Förderung des Austauschs von Fachkenntnissen und der Entwicklung innovativer Ausbildungs- und Studiengänge, die das Angebot vor Ort ergänzen und auf die Beschäftigungsfähigkeit junger Menschen ausgerichtet sind.
Seit 2017 wurden auf dem afrikanischen Kontinent zwei regional ausgerichtete Vorzeigeprojekte aus der Taufe gehoben:

  • Französisch-ivorische Bildungsplattform
    Diese 2018 eingerichtete Austausch- und Koordinierungsplattform (hub franco-ivoirien pour l‘éducation) umfasst Studiengänge französischer und ivorischer Hochschulen. Sie bietet gegenwärtig um die hundert Studiengänge (Doppelabschlüsse bzw. gemeinsame Abschlüsse, Fernabschlüsse) in für die afrikanische Wirtschaft zukunftsrelevanten Sektoren an.
  • Der französisch-senegalesische Campus
    Dieser Campus wurde im September 2019 eröffnet und empfängt mittlerweile fast 700 Studierende aus rund 30 verschiedenen Studiengängen. Die von französischen und senegalesischen Hochschuleinrichtungen gemeinsam angebotenen Studiengänge ermöglichen es den Studierenden, Kenntnisse in Fachrichtungen zu erlangen, die direkt mit der Arbeitswelt und den Herausforderungen der nachhaltigen Entwicklung in Verbindung stehen.

Diese Hochschulzentren ermöglichen es afrikanischen Studierenden, vor Ort in Afrika zu studieren, jedoch Abschlüsse zu erlangen, die von französischen und afrikanischen Einrichtungen vergeben werden. Ihr Ziel ist es ebenfalls, mehr Studierende aus Frankreich zu empfangen und internationale Kooperationen weiterzuentwickeln.

Dynamische Wissenschaftskooperation rund um die Entwicklungsforschung

Frankreich finanziert gemeinsam mit Kenia, Mauritius, Sudan und Südafrika Programme, die wissenschaftlichen Austausch anstoßen oder ausweiten sollen.
Diese sogenannten Hubert-Curien-Programme werden vom französischen Ministerium für Europa und auswärtige Angelegenheiten und vom französischen Ministerium für Hochschulen, Forschung und Innovation sowie ihren jeweiligen Pendants in den Partnerländern getragen. Im Rahmen dieser Programme werden jedes Jahr im gegenseitigen Einvernehmen die besten gemeinsamen Forschungsprojekte ausgewählt.

Zahlreiche französische wissenschaftliche Einrichtungen haben Außenstellen in Afrika:

  • das Forschungsinstitut für Entwicklung (IRD)
  • das Zentrum für internationale Zusammenarbeit in der Agrarforschung für Drittländer (CIRAD)
  • das Französische Zentrum für wissenschaftliche Forschung (CNRS)
  • das Französische Forschungsinstitut für Aids und Hepatitis (ANRS)
  • das Institut Pasteur in Paris
    Sie alle verfügen über ein bedeutendes Netzwerk und langjährige Partnerschaften mit afrikanischen Forschungseinrichtungen.

Diese Einrichtungen leisten in folgenden Bereichen einen Beitrag:

  • Ausbildung von Nachwuchswissenschaftlern, ihrer Eingliederung in internationalen Forschungsteams und der Förderung der Vernetzung der Süd/Süd- und Nord/Süd-Teams
  • Streben nach wissenschaftlicher Exzellenz, um die Weiterentwicklung der Forschungseinrichtungen sicherzustellen
  • wissenschaftliche Fachkenntnis in den Partnerländern als Grundlage öffentlicher Entscheidungen
  • Verstärkung unseres Engagements zur Bewältigung weltweiter Herausforderungen in Bezug auf globale öffentliche Güter.

Im Zuge der Coronapandemie wurde die wissenschaftliche Zusammenarbeit im Bereich der Gesundheitsforschung vertieft. Im Jahr 2020 leistete Frankreich einen Beitrag in Höhe von 18 Mio. Euro zur Unterstützung der Coronaforschung in Afrika und wurde damit zum größten Geber außerhalb des Kontinents. Das französische Ministerium für Europa und auswärtige Angelegenheiten hat beispielsweise ein Forschungsprogramm zu Schnelltests in Afrika finanziert (2 Mio. Euro), das sich an die Partnereinrichtungen des Institut Pasteur richtete.

Das Netzwerk der französischen Forschungsinstitute im Ausland (UMIFRE)

Das französische Ministerium für Europa und auswärtige Angelegenheiten steuert gemeinsam mit dem Französischen Zentrum für wissenschaftliche Forschung (CNRS) sechs UMIFRE in Subsahara-Afrika, und zwar jeweils eins in Äthiopien, Kenia, Nigeria und Südafrika sowie zwei in Sudan.

Sie dienen als Plattformen für Austausch und Vernetzung von Forschenden in den Bereichen Archäologie sowie Geistes- und Sozialwissenschaften. Die zahlreichen Wissenschaftskooperationen ermöglichen den Ausbau der Forschungskapazitäten und die Einrichtung von Fachzentren mit regionaler Ausrichtung. Als wichtige Beobachterstellen des gegenwärtigen Wandels der afrikanischen Gesellschaften liefern die UMIFRE ebenfalls originelle Verständnishilfen aus dem Blickwinkel der Geistes- und Sozialwissenschaften. Dabei ist es ihnen wichtig, bei der Verbreitung wissenschaftlicher Erkenntnisse eine zentrale Rolle zu spielen, weshalb sie ebenfalls Popularisierungsinstrumente entwickeln.
So führen die UMIFRE Projekte verschiedenster Art durch:

  • In Äthiopien wurde die Zusammenarbeit in den Bereichen Wissenschaft und Kulturerbe vertieft, um die Felsenkirchen von Lalibela aufzuwerten.
  • In Nigeria wurde eine „Beobachtungsstelle für die Wahlen in Ostafrika“ eingerichtet, die im Zuge der Wahlen in Tansania zum Einsatz kam.
  • In Südafrika wurde ein Dokumentarfilm über die Coronapandemie in dem Land gedreht („What am I going to eat tomorrow? Informal workers during the Covid-19 Pandemic in Johannesburg“), der mehrere informelle Arbeitskräfte in ihrem Alltag während der Pandemie begleitete.

Das europäische Programm ARISE

Frankreich war eine treibende Kraft bei der Einrichtung des Programms „African Research Initiative for Scientific Excellence“ (Afrikanische Forschungsinitiative für wissenschaftliche Exzellenz, ARISE), das unter strategischer Leitung der Europäischen Union und der Afrikanischen Union durchgeführt wird. Dieses im Dezember 2020 auf den Weg gebrachte Programm mit einem ursprünglichen Beitrag seitens der EU in Höhe von 25 Mio. Euro für 5 Jahre wird vom französischen Forschungsinstitut für Entwicklung (IRD) gefördert. Es unterstützt Wissenschaft, Technologie und Innovation als Motoren für nachhaltige Entwicklung. Sein Ziel ist es, afrikanische Spitzenleistungen in allen wissenschaftlichen Bereichen zu bestärken und Afrika dabei zu helfen, die größten Talente des Kontinents anzuziehen und zu behalten, um so seine eigene Forschungs- und Entwicklungsagenda beschließen und umsetzen zu können.

Weitere Informationen über die Hochschul- und Wissenschaftskooperation in Afrika ein Jahr nach der Rede in Ouagadougou

Letzte Änderung: August 2022