Auf dem Weg hin zur Schaffung einer Beobachtungsstelle für den Geschichtsunterricht in Europa (12.11.19)
Im Rahmen seines Vorsitzes im Ministerkomitee des Europarats (17. Mai – 27. November) schlägt Frankreich gemeinsam mit seinen Partnern die Schaffung einer Beobachtungsstelle für den Geschichtsunterricht in Europa vor.
Vorgestellt werden soll das Projekt bei der Veranstaltung « Enseigner l’histoire, enseigner la Paix : Confronter et réconcilier les mémoires en Europe » (dt.: Geschichte lehren, Frieden lehren: Erinnerungen in Europa gegenüberstellen und in Einklang bringen), die am 12. November im Rahmen des Pariser Friedensforums stattfindet und an welcher der französische Außenminister, der französische Bildungsminister und der französische Staatssekretär für europäische Angelegenheiten teilnehmen werden.
Geschichte lehren, Frieden lehren
In dem vor 65 Jahren geschlossenen Europäischen Kulturabkommen wird bestätigt, dass ein besseres gegenseitiges Verständnis zwischen den europäischen Völkern einen Schritt in die Richtung einer engeren Verbindung zwischen den Mitgliedern des Europarats ermöglich würde, um so die Ideale und Grundsätze, die ihr gemeinsames Erbe bilden, zu wahren und zu fördern. In diesem Sinne werden dem Austausch und der Zusammenarbeit zwischen den Europäern im Bereich des Geschichtsunterrichts eine wichtige Rolle zugeschrieben.
Die Lehrpläne und -methoden, die von Land zu Land sehr unterschiedlich sind, müssen miteinander in den Dialog – und manchmal in die Konfrontation – gebracht werden, damit die Schülerinnen und Schüler zu erfüllten Bürgern ausgebildet werden können, die einen kritischen Geist besitzen und in der Lage sind, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.
Im 20. Jahrhundert trug eine verzerrte Sichtweise der Geschichte, die durch kriegerische Rhetorik vorangetrieben wurde, zu großen Teilen zur Ausbreitung der Nationalismen und zu den schlimmsten Kriegen, die unser Kontinent jemals erfahren hat, bei. Heutzutage beobachten wir überall in Europa ein Wiederaufleben von rassistischen, fremdenfeindlichen und antisemitistischen Diskursen, und zwar insbesondere im Netz. Daraus resultierend wird das europäische Projekt, dessen Gründerväter wollten, dass es die Aussöhnung der Völker fördert, geschwächt. Die europäische Geschichte ist ein gemeinsames Erbe, das zusammen bringen und nicht spalten soll.
Der Dialog der Erinnerungen und die Gegenüberstellung der Sichtweisen sind wichtige Faktoren für Frieden und die Annäherung der Völker.
Eine Beobachtungsstelle für den Geschichtsunterricht für ein versöhntes Europa
Um auf genau diese besorgniserregende Situation eizugehen, schlagen Frankreich und seine Partner die Schaffung einer Beobachtungsstelle für den Geschichtsunterricht in Europa vor. Das Projekt geht auf eine Empfehlung von Alain Lamoussoure zurück, die er in Folge des Evaluierungsauftrags machte, mit dem er vom Premierminister betraut wurde. Die Beobachtungsstelle soll die Form eines erweiterten Teilabkommens des Europarats annehmen, eine Art besondere Kooperation innerhalb der Organisation, die allen interessierten Staaten sowie den einschlägigen internationalen Organisationen die Teilnahme an dieser Initiative ermöglicht.
Es geht nicht darum, eine einheitliche Sichtweise der Geschichte vorzuschreiben, sondern eine neutrale und objektive Bestandsaufnahme über die Art und Weise, in der unsere Vergangenheit in den Schulen in Europa unterrichtet wird, durchzuführen und den Experten und den für die Lehrpläne zuständigen Personen einen Austausch untereinander zu diesem Thema zu ermöglichen. Die Arbeiten der Beobachtungsstelle sollen dazu dienen, eine Debatte anzustoßen und gute Praktiken im Bereich des Geschichtsunterrichts zu teilen und zu verbreiten. Diese Initiative begünstigt die Festigung eines gemeinsamen europäischen Bewusstseins.
Die Staaten sind dazu eingeladen, ihre Unterstützung für das Projekt anlässlich des Treffens der Bildungsminister, das Frankreich am kommenden 26. November in Paris veranstaltet, kundzutun. Frankreich hat einen außerordentlichen Beitrag in Höhe von 200 000 € zum Haushalt des Europarats beigesteuert, mit dem die Startphase des Projekts finanziert werden soll.